93 Minuten DDR

Ich war im Kino. Der Fim hieß "Kundschafter des Friedens". Es war ein Kino in Westberlin. Zuschauer waren überwiegend ältere Herrschaften, die den Montag als Kinotag ausnutzen wollten, weil da die Karten 3 Euro weniger kosten (Leute wie ich also, wie mir zunächst schien).


Der Film ist die Adaptation eines US-Films, dessen Titel ich vergessen habe. Die Story: Vier alte und im Ruhestand dahinvegetierende Geheimagenten werden reaktiviert, um die Welt (oder in diesem Fall: einen obskuren asiatischen Staat) zu retten. Und sie haben ihren Spass dabei.


Hier handelt es sich um alte DDR-Gemeindienstler, die nostalgisch den guten alten Zeiten des kalten Kriegs nachtrauern, dargestellt von den alten DDR-Schauspielgrößen Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Thomas Thieme, Winfried Glatzeder.


Soweit, so wenig bemerkenswert. Der Film ist ganz amüsant, man kann immer wieder schmunzeln, ab und zu auch herzhaft lachen. Well wasted time. Kein Grund hier über ihn zu schreiben.


Doch das Publikum... Es hat mir ein bemerkenswertes Erlebnis verschafft. Offenbar hatte der Titel, der für mich bedeutungsfrei war, aber wohl ein speziell konnotiertes Markenzeichen für die Menschen im Kino, wahrscheinlich auch die DDR-Promi-Besetzung, dafür gesorgt, dass in erster Linie Ossis im Kino sassen, die rübergemacht hatten und nun in ein Kudammkino eingefallen ware. Wenn ich über einen Gag schmunzeln konnte, dann wurden alle anderen von Lachattacken geradezu dahingerafft. Sie konnten sich nicht halten, waren ausser Rand und Band, wenn eine milde abwertende Bemerkung über den Westen gemacht wurde, amüsierten sich köstlich an der Persiflierung von DDR-Notständen. Sie waren hin und weg, wenn die vier alten Recken sich bei der Bewältigung ihrer aufgrund selbstgewählten, insuffizienten Handwerkszeugs entstehenden Nöte kreativ und pfiffig zeigten... usw.


Ich persönlich habe noch nie vorher so deutlich den Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschen erlebt. Es war ganz offensichtlich ein kultureller Unterschied, der für mich nicht so sehr in der Qualität dessen lag, was wir komisch fanden, sondern in der Quantität. Die Lachschwelle lag bei mir, liegt im Westen (wenn ich mich und meine ständige Begleiterin als typisch nehme) einfach etwas höher. Wahrscheinlich lässt sich das so erklären, um hier mal eine meiner unfundierten Instant-Science-Thesen zu verbreiten, dass man im Osten einfach weniger zu lachen hatte, so dass man schon bei kleineren Witzen lauter und länger lachte als im Westen. Zumindest war das jetzt im Kino so...