Alterspromotion

Der Planungschef beim Bau des Berliner Flughafens hat während des Bauprojekts promoviert. Ich will mir hier gar nicht den Kopf zerbrechen, ob dies seine Arbeitsfähigkeit als Planer reduziert hat. Wenn er in seiner Freizeit gekegelt hätte, würde sich wahrscheinlich ja auch kein Kolumnist darüber Gedanken machen, welche Auswirkungen dies auf die Baufortschritte des Flughafens gehabt hat.


Aber, was ich mich schon frage: Was treibt einen Mann in den 50ern, der offenbar in seinem Beruf ja hinreichend beschäftigt und erfolgreich ist, dazu, auf seine alten Tage noch zu promovieren.


Ich kenne den Herrn nicht, aber ich meine, es muß etwas Neurotisches sein.


Wenn man als junger Mensch, der eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, promoviert, dann ist das m.E. okay. Hier muss man eher fragen, welch Neurosen jemanden davon abhalten, es zu tun. Es gehört hier einfach zu den Basisqualifikationen, wie der Führerschein für Kraftfahrer.


Wenn Menschen, die keine wissenschaftlichen Ambitionen haben, promovieren, dann geht es in der Regel darum, dass sie sich bessere Karrierechancen versprechen. Wenn der Titel vor dem Namen steht, dann muss man niemandem mehr erkären, dass man Schreiben und Lesen kann...


Die Hoffnung ist meist, damit Ansehen zu gewinnen. Und wer meint, er würde bis dato zu wenig davon genießen, der versucht eben so, ein wenig mehr zu bekommen... (meist nicht genug, wie er dann später scherzlich bemerkt). Manchmal bekommt man mehr Geld, wenn man sich Dr. schimpfen kann (aber das nimmt, wenn ich recht informiert bin, ab).


Derartige die Beziehungsebene betreffende Motive kann ich bei jungen Leuten auf jeden Fall nachvollziehen, auch wenn ich sie - wenn man mal vom Geld absieht - etwas albern finde.


Aber ein erwachsener Mann, der erfolgreich im Beruf steht, was hat der zu gewinnen?


Meist will er seiner Mutter oder seinem Vater beweisen, dass er doch nicht so blöd ist, wie sie immer gedacht oder behauptet haben. Da sie ihm das nie glauben werden, versucht er seine Schlauheit quasi zu objektivieren (manche mit zwei oder drei Doktortiteln oder gekauften Professorentiteln). Allerdings: ab einem gewissen Alter kippt das meist ins Gegenteil, d.h. es wirkt komisch.


Wer behauptet, er wolle aus inhaltlichen Gründen promovieren, wenn er schon über 40 ist, den frage ich natürlich, warum er nicht einfach so ein Buch zum Thema schreibt. Denn dafür ist es ja nicht notwendig, sich diesen ganzen infantilisierenden Initiationsriten zu unterziehen.