REVUE Nr13, Transformation. Feedback zu Gilgamesh und Christeene 9

REVUE, Magazine for the next society. Transformation. Nr 13. Sommer 2013


REVUE Editorial:


„… Die REVUE ist ein Resonanzraum für all diese Stimmen, in dem immer wieder die Frage nachhallt: ist eine Next Society eher als Wiedereinführung verlorener Möglichkeiten zu verstehen – und weniger als deren Ablösung? Wir wären auch auf Ihre Antworten gespannt…“


Feedback


Ich beziehe mich hier auf diese „Wiedereinführung“ – zeichne einen in REVUE gespannten Bogen nach, um diesen – ihn inhaltlich ergänzend – mit einem Plädoyer zu beschließen, und damit sich verlierende, beinahe schon verlorene Möglichkeiten in Erinnerung zu rufen.


Der skizzierte Bogen


GILGAMESH, übersetzt von William Muss Arnolt 1901.


CHRISTEENE, skype-geviewt von Ludwig Plath (*Zitate)


VIII. Das Ende der „Postmoderne“ und das unvollendete Projekt der Moderne 2


Alles der Reihe nach. Bevor ich auf den Beobachter und das Erkenntnis-Subjekt der Subjektphilosophie aus Sicht von Niklas Luhmann zurückkomme und wie und warum das „Subjekt“ bei Luhman zum „Beobachter“ wird, und was dabei noch fehlt, möchte ich zuvor kurz erwähnen, welche Rolle die „Postmoderne“ und der von dieser behauptete, dessen versteckte Existenz nur verschleiernde „Tod des Subjekts“ dabei spielt, und, auch später noch, auf ihr Ende zurückkommen.


Die oft Jean-Francois Lyotard zugeschriebene, aber von Paul Feyerabend stammende Zauberformel der „Postmoderne“ - anything goes - , auf deutsch kurz und profan alles ist „Jacke wie Hose“, funktioniert nicht. Ein Etwas oder Ding „geht“ und „steht“ nebenbei gesagt überhaupt nur insofern, als es zuvor, durch ständige Behauptung und Wiederholung, zeitgenössisch modisch anschlussfähig gemacht wurde. Geht aber auch nur solange bis der erste entdeckt, dass es nicht geht. Dann ist es mit der Anschlusssicherheit vorbei.


Nennen wir Niklas Luhmann den Mann der aller-aller ersten Stunde, der, in direkter Nachfolge des damals wegen Marx schon fast vergessenen Hegel, die Frage nach dem Paradox des Beobachters stellt, und damit die von Hegel als erstem erkannte und reflexionslogisch dargestellte Paradoxie - nun mit den geschärften Werkzeugen von George Spencer Browns Laws of Form, 1969 und Heinz von Foersters Observing Systems, 1981 - kongenial bearbeitet und ebenso grandios weiterentwickelt hat.


Luhmanns Fokussierung auf die wieder und wieder auftretende philosophische Frage „Wer ist der Beobachter?“ löst Luhmann - in Bezug auf seine soziologisch-philosophischen Zeitgenossen - am Ende seines Lebenswerks nur noch kurz und bündig:


„Bei Hegel, so Luhmann, steht der Beobachter am Ende der Geschichte. Das macht es erforderlich den Erzähler, der alles immer schon weiß und also auch Hegel, aus der Geschichte herauszuhalten. Auch das reicht aber nicht, um die Frage nach dem Beobachter zu beantworten. Erst recht versagen die zur Zeit modischen Auskünfte:


Der Sprachspielpluralismus eines Wittgenstein, die These eines kulturellen Relativismus oder die Diskurspluralität der sogenannten „Postmoderne.“ Auch hat es wenig Sinn sich mit Kontroversen zwischen diesen verschiedenen Positionen zu beschäftigen, denn das führt nur zur wechselseitigen Rekonstruktion der jeweiligen Unzulänglichkeiten.“ (GdG S.1081)


„Unsere Analyse, so Luhmann, legt die Annahme nahe, dass die moderne Gesellschaft mit dieser Technik des Beobachtens des Nichtbeobachtenkönnens das Paradox des Beobachters als des eingeschlossenen ausgeschlossenen Dritten nachvollzieht. Das zwingt dann aber das Beobachten des Beobachtens zum autologischen Schluss auf sich selbst und zum Paradox als Abschlussgedanken: Der Beobachter ist das Unbeobachtbare. Das führt jedoch nicht zur Verzweiflung. Im autopoietischen System gibt es keinen Abschluss, weder Anfang noch Ende. Jedes Ende ist Anfang. Das Paradox löst sich damit in Zeit auf“ (GdG S. 1081)


Letzteres ist wiederum dem frühen Erkennen Hegels geschuldet, der in der Phänomenologie des Geistes darauf hinweist, dass der Anfang das Resultat ist, beziehungsweise das Resultat der Anfang ist. Die logisch kreisförmige Geschlossenheit aller Existenz, löst er in seiner Logik, - in Form des notwendig ausgeschlossenen eingeschlossene Dritten - , als das Werden (des Geistes) - in dem er also die Zeit für die Entfaltung des Ganzen nimmt. Die Entfaltung des ganzen Zirkels (des Geistes) erzeugt und benötigt Zeit! In seiner Analyse des Aristotelischen Satzes vom Widerspruch und des Satzes vom Ausgeschlossenen Dritten zeigt Hegel schon beispielhaft, dass „das Dritte, das hier die Gestalt eines toten Etwas hat, tiefer genommen die Einheit der Reflexion“ ist, - „in welche als in den Grund die Entgegensetzung zurückgeht“ Logik II S. 74). So nimmt Hegel auch die Kant’sche „Unbequemlichkeit des Zirkels des Ich“ - als die Lösung selbst – (siehe Logik II S. 488 – 491). Das heißt soviel wie die Lösung des Problems autopoietischer Geschlossenheit, beziehungsweise die Notwendigkeit zum autologischen Schluss.


Das Paradox aller Existenz liegt - mit einem Satz - in der Autologie der Autopoiesis des Systems und in der Autologie aller seiner Sub-Systeme – es ist der philosophisch formulierbare Abschlussgedanke, den ich später auszuformulieren versuchen werde.


Soviel zu Beginn als nur ein kleiner Hinweis zur kongenialen, weder links- noch rechtsinteressierter Ansschlussicherheit Luhmanns, an die Tradition Hegels und dessen paradoxer Reflexionslogik, sowie der dabei aufkommenden großen Lust, Hegels gedankliches Mahlwerk der Großen Logik persönlich mal wieder konzentriert zu lesen, um erneut die Lust zu erleben, dass die Systemtheorie Luhmanns sich in der Fortsetzung einer kongenialen Tradition befindet (zu der - im Vorfeld – selbstredend Kant gehört, auch wenn die Rückkehr zu ihm, zu seinem kategorischen Imperativ, und zum autonomen Erkenntnis-bzw transzendentalen Subjet, ein ganzes Jahrhundert von Philosophen auf die falsche Spur geleitet hat).


Der autologische Schluss ist das, was mich nun interessiert:


„...wenn man, so nochmals Luhmann, die Technik des Beobachtens des Nichtbeobachtenkönnens, das Paradox des Beobachters, als des eingeschlossenen ausgeschlossenen Dritten nachvollzieht, zwingt das, so Luhmann, dann aber das Beobachten des Beobachtens zum autologischen Schluss auf sich selbst und zum Paradox als Abschlussgedanken: Der Beobachter ist das Unbeobachtbare.“


Das ist die Essenz der Gesetze der Form.


„Das System versetzt damit das, was als Gegenstand nicht beobachtbar ist, in Operation. Und wenn dies geschieht und wenn solche Beobachtungsoperationen immer wieder auf ihre eigenen Resultate angewandt werden, könnte es sein, dass das im Ergebnis zu stabilen „Eigenwerten“ führt, das heißt zu einer Semantik, die dies aushält und deshalb bevorzugt wird. (1082)


In meinem Exkurs zur Logik habe ich mich zuvor damit beschäftig, dass wir es in der Aristotelischen Logik mit einer maskulinen Logik und mit der paradoxen Logik (ich nenne sie in meinem Buch Logologik®) mit einer verdrängten weiblichen Logik zu tun haben. Wobei letzteres, - das Paradox - , so Hegel, das oberste Gesetz der Logik ist. Logisch. Deshalb sind beide Logiken, die paradoxe transklassische und die klassisch-tautologische nicht voneinander zu trennen, und deshalb gehören auch beide Logiken beiden Geschlechtern gleichermaßen zu. Aber es gibt hier ein empirisches Problem. Dem versuche ich mich über Luhmann und GSB anzunähern. Untersuche zuvor dann noch, was das „Subjekt“ ist und was ein „Beobachter“ ist.