Gruppendynamik (Résumé)

Bis gestern Mittag dauerte das GD-Training, das mich hier vom Schreiben abgehalten hat: jeden Tag 5 Einheiten à 1,5 Stunden. Es war etwas Besonderes.


Eine normale Trainingsgruppen ("T-Gruppe") richtet den Fokus der Aufmerksamkeit auf die Gesetzmäßigkeiten der Selbstorganisation von Gruppen (wie z.B. Teams), d.h. die Bildung von Strukturen und Spielregeln der Kommunikation, das Finden eines gemeinsamen Existenzzwecks oder Aufgabe, die Positionierung des Einzelnen, Fragen von Macht und Einfluss bzw. wie man sie gewinnt oder verliert, die soziale Identitätsbildung, Genderthemen und ähnliche Fragen, die für jedes soziale System heute relevant sind. Der Reiz des Verfahrens - und seine Einmaligkeit - bestehen darin, dass in jedem Moment die Innen- und die Außenperspektive der Beobachtung gewählt werden kann und das eigenen Erleben als Teilnehmer in Bezug zum Gruppengeschenen gesetzt werden kann/muss. Die Psyche als Umwelt des Kommunikationsmusters ist nur jedem einzelnen "Besitzer" der Psyche zugänglich, die Reaktionen der anderen auf seine Interventionen, sein Verhalten, seine Teilnahmen an der Kommunikation sind aber nicht nur ihm, sondern auch allen anderen zugänglich (=das Kommunikationsmuster als Umwelt der Psyche). Wohl nirgends kann man mehr über sich selbst erfahren, und nirgends kann man mehr reflektieren,  ob und wie die eigenen sozialen (Über-)Lebensstrategien erfolgreich sind oder scheitern, und nirgends kann man besser Alternativen erproben bzw. Ideen dafür gewinnen.


Solche Trainings sind keine Selbsterfahrungsgruppen, auch wenn sich die Selbsterfahrung nicht vermeiden lässt, sie sind keine Therapiegruppen, auch wenn sie gelegentlich dazu führen, dass sie auf individueller Ebene Veränderungen ermöglichen und/oder induzieren. Aber niemand wird "geknackt",  jeder kann selbst bestimmen, wie weit er sich einlassen oder raushalten will.


In der "systemischen Gruppendynamik" wie wir sie praktizieren (siehe Simon, Weber & Friends), liegt das Augenmerk - wie in den verwendeten theoretischen Konzepten - auf der Kopplung von sozialen und psychischen Dynamiken. Das sensationelle an der Methode der Trainingsgruppe ist, dass Form und Inhalt nicht mehr getrennt sind, es wird nicht über etwas "geredet", was irgendwo draussen in der Welt geschieht, sondern es wird gehandelt und reflektiert, was hier und jetzt geschieht - was paradoxerweise höchst relevant ist für all das, was "draußen" los ist.


Zu der Trainingsgruppe letzte Wochen waren nur Teilnehmer zugelassen, die bereits mindestens einmal an einer T-Gruppe teilgenommen haben. Das Thema waren Intergruppenbeziehungen bzw. alles das, was für Kulturkontakt, Reorganisationsprozesse, Integrations- und Ausgrenzungsprozesse usw. von Relevanz ist... Es war ein neues Format, das wir speziell konstruiert haben und das bislang noch nicht angewendet worden war, und es war sehr lehrreich - nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch für uns Trainer (ich bin immer noch von den Socken...).