Lob des "faulen" Kompromisses

Bei der Diskussion um die Frage, ob Griechenland "gerettet" wird oder nicht, ist m.E. am meisten beunruhigend, dass sich Vertreter von Prinzipien gegenüber stehen (und das hat im Laufe der Weltgeschichte schon unendlich viel Elend angerichtet).

Der griechische Finanzminister hat gestern in der FAS darauf Wert gelegt, dass seine Regierung von Prinzipien geleitet sei, und obendrein hat er noch eine Lösung verlangt, die mit der "Ehre" Griechenlands vereinbar ist. Diese Mischung macht das Ganze m.E. ziemlich gefährlich. Wer ehrenhafte Lösungen fordert und sich auf Prinzipien beruft, kreiert leider nur zu oft Katastrophen...

Aber auf der anderen Seite, d.h. bei denjenigen, die den Grexit fordern, stehen, was nicht gerade beruhigend ist, auch die Vertreter von Prinzipien. Wenn man z.B. den Finanz-Redakteur der FAS, Herrn Hank, und Sarah Wagenknecht, die künftige Fraktionschefin der Linken im Bundestag, gestern bei Günther Jauch gehört hat, so stimmten die beiden in ihrem Bedauern überein, dass es heute in Brüssel wahrscheinlich einen faulen Kompromiss gäbe. Und wie diese merkwürdige Koalition denken ja viele Leute.

Aber, und das scheint mir meistens unter den Tisch zu fallen, das Leben folgt nur selten logisch konsistenten Prinzipien, und der Wahnsinn - nicht nur der politische, sondern auch der klinisch zu diagnostizierende - ist fast immer dem Versuch geschuldet, die Wirklichkeit irgendwelchen Prinzipien anzupassen, im Extremfall: der zweiwertigen Logik.

Ernst zu nehmende Politiker - und das sind die Vertreter der gegenwärtigen griechischen Regierung m.E. leider nicht - setzen auf vermeintlich faule Kompromisse. Doch Kompromisse, die gelebt werden können, sind nicht faul. Ganz im Gegenteil: Es geht um die Viabilität von Vereinbarungen, nicht um dereen logische Konsistenz. Wer sich ein wenig mit der Logik von Konflikten beschäftigt, wird zu dem Schluss kommen, dass der Versuch Prinzipien durchzusetzen fast immer zu schrecklichen Ergebnissen führt. Prinzipien sind Kopfgeburten, die manchmal ja nützlich sind, aber sie werden das erst, wenn man bereit ist, von ihnen abzuweichen, weil Logik und Leben eben unterschiedlich funktionieren.

Beruhigend scheint mir, dass Frau Merkel pragmatisch genug denkt und sich nicht durch die Suggestion von Prinzipien zu schwachsinnigen Entscheidungen verführen lässt (d.h.: manchmal wenigstens nicht).