Mary Trumps Familienunternehmen

"Too Much and Never Enough. How my family created the world's most dangerous man", so heißt das Buch der Nichte von Donald Trump. Die Trump-Familie (Donalds Bruder Robert) hat versucht, die Publikation des Buchs zu verhindern, aber ohne Erfolg. Wenn man es liest, so findet man dort nicht so sehr viel Neues über Donald Trump. Einzelne Anekdoten, die zeigen, dass er ein ziemliches mieses Exemplar der Spezies homo sapiens ist. Aber das war ja auch vorher schon jedem einigermaßen urteilsfähigen Menschen klar.


Was das Buch aber m.E. dennoch lesenswert macht, ist die Innensicht des Mitglieds einer Unternehmerfamilie, oder, wie man es auch nennen könnte: der Familie eines Familienunternehmens. Da ich mich mit dem Thema ein wenig näher beschäftigt habe, kann ich allen, die an diesem Thema interessiert sind, die Lektürue uneingeschänkt empfehlen. Denn die Dynamik solcher Familien weicht von der Dynamik "normaler"  Familien (wenn es das denn geben sollte, d.h. hier ist mit "normal" gemeint: von Familien ohne Unternehmen) ab. Ich habe mal einen Artikel mit dem Titel: "Familienunternehmen als Risikofaktor" geschrieben, in dem ich darzulegen versucht habe, welche familiendynamischen Faktoren als Risiko für die psychische Entwicklung der Kinder in solchen Familie zu betrachten sind (zu finden in: "Wenn rechts links ist und links rechts"). Denn ich kenne etliche Familien, in denen so ähnliche Interaktionsmuster zu beobachten sind wie in der Familie von Fred Trump (dem Unternehmensgründer, Vater von Donald, Großvater von Mary). Und ich kenne auch etliche Familienunternehmensfamilien, in denen ein oder mehrere Mitglieder eine Anstaltskarriere eingeschlagen haben, Alkoholiker wurden (wie Marys Vater) oder ziemlich graumsame (psychosomatische Krankheiten entwickelten und eine unwahrscheinich hohe Sterberate "vor der Zeit" aufwiesen. Leider sind meine Versuche, ein Forschungsprojekt zum Thema zu starten, daran gescheiter, dass niemand es finanzieren wollte (ein Tabuthema?, zu "heiß"?). Sogar ein Interview mit "Psychologie heute", in dem ich die Zusammenhänge dargelegt habe, wurde schließlich von der Redaktion aus dem Heft genommen (ist der Belz-Verlag eigentlich ein Familienunternehmen?).


Auch wenn es Zusammenhänge zwischen familiären Kommunikationsmustern und der psychischen Entwiclung der Kinder gibt, scheint mir der Untertitel des Trumo-Buchs nicht angemessen. Denn es gibt keine geradlinige Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen solchen Interaktionsmustern und der Entwicklung zu einem A....loch, wie Donald Trump es ist (oder auch zu den oben genannten Problemen). Mary Trump ist zwar klinische Psychologin, und sie scheint sehr an der Bindungstheorie orientiert, aber alles in allem erscheint sie mir sehr individuumzentriert. Sie sieht ihren Großvater, den Unternehmensgründer, als den Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung ihres Vaters zum Alkoholkier und Donalds zu dem von Minderwertigkeitsgefühlen getriebenen und ständiger Bestätigung bedürftiger Hochstapler. Sicher, solch ein erfolgreicher Unternehmer wie es Fred Trump war - noch dazu mit den geschilderten soziopathischen Persönlichkeitsmerkmalen - ist eine Herausforderung für seine Familie - aber, wie gesagt: Es ist nicht unvermeidbar so zu werden wie Donald Trump.