Nachruf auf die Regierung Trump

Jetzt, wo der Spuk vorbei ist, können wir einen nüchternen Rückblick auf die Jahre werfen, in denen Donald Trump US-Präsident war.


Sein Scheitern war eigentlich von Anfang an vorherzusehen. Das lag nicht so sehr an seiner problematischen Persönlichkeit und seiner Mißachtung aller Tabus und Konventionen (=schlechtem Benehmen), sondern am Mangel eines adäquaten politischen Programms. Soweit er überhaupt programmatische Vorstellungen hatte (was schon damals bezweifelt wurde), so waren sie rückwärts gerichtet. Und die Ideen, die er zur Wahl stellte, fußten auf einer katastrophal falschen Analyse.


Aus heutiger Perspektive kann man sagen, dass der Abstieg der amerikanischen (wie auch der britischen und teilweise auch kontinantalteuropäischen) Mittel- und Unterschicht begann, als Margarete Thatcher und Ronald Reagean mit ihren marktfundamentalistischen Konzepten dafür sorgten, dass das Machtgleichgewicht zwischen Arbeit und Kapital (wie das klassisch so schön formuliert war) entgleiste. Jeder einzelne "Werktätige" ist austauschbar, die Arbeiterschaft generell jedoch nicht. Mit der Entmachtung der Gewerkschaften in GB und der Globalisierung wurde die Möglichkeit eine Gegenmacht aufzubauen (z.B. durch Streikdrohungen) ausgehebelt. Die Produktion wurde in die Billiglohnländer verlagert, die Löhne in den USA und Europa stagnierten usw.


Die Abdankung der Politik und das Abwracken dessen, was an sozialen Sicherungsmaßnahmen staatlich gewährleistet wurde, zugunsten der vermeintlichen "Intelligenz der Märkte" führte dazu, was bei ungeregelten Märkten immer passiert: das Mathäus-Prinzip wird wirksam ("Der Teufel scheißt auf den größen Haufen!"), d.h. die sozialen Unterschiede wurden immer größer.


Das war in den anglo-amerikanischen Staaten weit schlimmer als in Kontinentaleuropa, wo immer noch Reste einer "sozialen Marktwirtschaft" zu finden waren, wenn auch z.B. in Deutschland nach der Agenda 2010 nur noch in abgespeckter Form.


Als damals Trump an die Regierung kam, richteten sich die Hoffnungen der Verlierer dieser Entwicklung auf ihn. Es war die Bevölkerung der entindustrialisierten Gegenden der USA. Dass sie sich Rettung von einem Immobilien-Hai, der mit Hilfe etlicher Pleiten dafür sorgte, dass seine Arbeiter keinen Lohn für ihre Arbeit erhielten, erwarteten, war an sich schon etwas komisch, um nicht zu sagen: tragisch.


Was ihn aber letzten Endes zum Scheitern brachte, war nicht so sehr die Verquickung seiner eigenen geschäftlichen Interessen mit seinem Amt (das hat Berlusconis auch nicht zu Fall gebracht), sondern die Maßnahmen, die er ergriff. Denn sie folgten dem Prinzip "Mehr-Desselben". Er umgab sich mit abgehalfterten Politikern der Reagan-Ära (z.B. R. Giuliani, N. Gingrich usw.) und folgte dem Weg, der bereits in die Katastrophe geführt hatte - nur noch konsequenter: Er senkte die Unternehmenssteuern, was dazu führte, dass noch mehr Sozialleistungen abgebaut werden mussten, fuhr die Krankenversicherung (wenn auch nur begrenzt) zurück, ließ wieder Kohle abbauen und verfeuern (eine mittelalterliche Technologie), trat aus dem Welt-Klimaabkommen aus, deregulierte (!) die Märkte noch mehr usw. Auch das Versprechen, illegale Aliens ausweisen zu lassen, wurde nur symbolisch vollzogen, d.h. es wurden ein paar Hundert Mexikaner über die Grenze geschafft. Der Widerstand gegen derartige Massnahmen war zu groß: Niemand wollte auf die billigen Haushaltshilfen, Gärtner und  Autowäscher verzichten...


Dass er keine neue Politik, sondern ganz im Gegenteil: mehr der alten durchsetzen würde, war den Finanzmärkten sofort klar. Nicht zufällig stieg der Dow-Jones-Index am Tag nach seiner Wahl auf einen historischen Höchststand, getrieben von den Aktien der Waffenindustrie und der Produzenten bzw. Ausbeuter fossiler Rohstoffe  .


Wie zu erwarten, verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation seiner Wähler. Die neu eingezogenen Zollschranken schützten zwar vorübergehend die nur noch rudimentäre Produktion der USA, aber der Schutz, z.B. der Autoindustrie, vor internationaler Konkurrenz führte zu einem Innovationsstau, so dass China nunmehr der größte Produzent von Elektroautos ist und sein technischer Vorsprung kaum mehr eingeholt werden kann. Die Folge: General Motors ist pleite und konnte trotz der Regierungsmilliarden, die als Nothilfe investiert wurden, nicht gerettet werden.


Die Wähler Trumps, deren Hoffnungen enttäuscht wurden, denen es zunehmend schlechter ging (keiner hatte erwartet, dass das überhaupt möglich ist), wurden unruhig, sauer, aggressiv und drohten zu den Waffen zu greifen (jeder Haushalt verfügte ja, dank NRA, über genügend Knarren, ja, Maschinenpistolen etc., und war für den Bürgerkrieg gut gerüstet). Die Polizeikräfte wurden verstärkt, die Kontrollbemühungen und "Ordnungskräfte" insgesamt. Statt eines Schwarzen wurden nun 100/Tag von der Polizei erschossen, auch einmal ein Redneck (allerdings wurden die drei schwarzen Polizisten, die das getan hatten, sofort von einer wütenden Menge weißer "betroffener Bürger" gelyncht). Die Gefahr eines Bürgerkriegs stieg, Gewaltausbürche gab es täglich, die Nachrichten beschäftigten sich fast ausschließlich mit ihnen, CNN etablierte einen Spartensender "CNN-Riot"...


Wie in den vergangenen Jahrzehnten für die USA vielfach bewährt, versuchte Trump mit (nur vorübergehendem) Erfolg einen Außenfeind zwecks Erhaltung des inneren Friedens zu rekrutieren. Da ihm Russland bzw. W. Putin als zu starker Gegner erschien (schon im Wahlkampf war Trump von Menschen, die ihn näher kannten, als Angeber tituliert worden) warf er schließlich, wie ja hinreichend bekannt, im Rahmen der Konflikt-Eskalation mit dem Mullah-Regime des Iran die  (nur von Israel - und da auch nur von einer kleinen Clique - bejubelte) Atombombe auf Teheran...


Der zunächst aufbrausende nationalistische Jubel machte relativ schnell einem nationalen Katzenjammer Platz, die inneramerikanische Diskussion über die Rolle der USA in der Welt flammte wieder auf, die Protestbewegungen gegen die Regierung waren mindestens so stark wie zu Zeiten des Vietnamkriegs. Die US-Scheineinigkeit zerbrach, obwohl angesichts zunehmender schiitischer Terroranschläge innnerhalb der USA auch eine kleine, aber lautstarke nationalistische Kernbewegung aktiv blieb. Schließlich trat Trump -  Zeichen der Hilf- und Konzeptlosigkeit - zurück.


Das Land ist nun tief depressiv - nicht nur die Wirtschaft, sondern ein großer Teil der Bevölkerung, um nicht zu sagen: des Volkes, auf das sich Trump so gern berufen hatte. Das Selbstbild der Nation als "die Guten", die der Welt Demokratie und Freiheit bringen, ist dahin, Selbstzweifel aller Orten...


Gab es Nutznießer der Ära Trump? Die Osteuropäer näherten sich wieder mehr den mitteleuropäischen Staaten an, da die NATO kein Garant mehr für ihre Sicherheit war. Aber, dass das für Europa ein Gewinn war und ist, wird von vielen bezweifelt. Nein, wahrscheinlich gab es keinen Gewinner ausser denen, die vorher schon die Gewinner waren: Die Reichen wurden noch reicher, die Armen wurden noch ärmer. Trump gehörte auf jeden Fall zu denen, die reicher wurden. Das Geld für die Wahlkämpfe war gut investiert, und böse Zungen behaupten, er hoffe deswegen auf den Wirtschaftsnobelpreis.


Wie geht es jetzt weiter? Trumps Tochter, die angesichts seiner zunehmenden Altersverwirrtheit de facto in den letzten Jahren schon die Regierungsgeschäfte geführt hat und sich nunmehr zur Wahl stellt, dürfte wohl kaum gewählt werden. Alle Hoffnungen der Welt ruhen nun auf Elizabeth Warren, die als Spitzenkandidatin der Demokratischen Partei ein Programm vertritt, das dazu angetan scheint, die sozialen Unterschiede zumindest ein wenig zu balancieren. Doch, ob die immer mehr Geld in die Politik pumpenden Finanzmagnaten, deren Macht durch die von Trump berufenen Richter am Verfassungsgerichtshof weiter gefestigt wurde, das zulassen werden, ist zweifelhaft...


Bleiben wird von Trump wohl nur die inzwischen weltweit verbreitete Redewendung "den Trump machen", um damit zu beschreiben, dass ein Mann einer Frau in den Schritt greift... Ob das mit oder ohne deren Einverständnis geschieht, ist im aktuellen Sprachgebrauch interessanterweise nicht eindeutig und von Kultur zu Kultur verschieden.