Proust lesen

"Da Madame Verdurin an Migräne litt, weil sie morgens keine Hörnchen in ihren Michkaffee tauchen konnte, hatte sie schließlich von Cottard ein Attest erlangt, das ihr gestattete, aus enem bestimmten Restaurant, von dem wir gesprochen haben, solche kommen zu lassen. Es war fast ebenso schwer zu erreichen, wie jemandes Beförderung zum General. Ihr erstes Hörnchen nahm sie an dem Morgen wieder zu sich, an dem die Zeitungen über den Untergang der »Lusitania« berichteten. Während sie nun das Hörnchen in den Milchkaffee tauchte und ihrer Zeitung kleine Stupse gab, damit sie sie aufgeschlagen halten konte, ohne beim Umblättern die mit dem Eintauchen beschäftigte Hand zu benutzen, sagte sie: »Wie grauenhaft! Das ist ja fürchterlicher als die entsätzlichsten Tragödien.« Aber der Tod aller dieser Ertrunkenen mußte wohl doch auf ein Milliardstel seiner Größe reduziert erscheinen, denn wenn sie mit vollem Mund diese trostlosen Überlegungen anstellte, war der Ausdruck, der auf ihrem Gesicht lag und wahrscheinlich durch den Wohlgeschmack des Gebäcks darauf hervorgerufen wurde, das ihr so unschätzbare Dienste bei ihrer Migräne leistete, eher der eines sanften Behagens."


(M. Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Suhrkamp, S. 3811)