Provisorisches

Da ich durch meinen gestrigen, offenbar hinreichend verwirrenden und Trance auslösenden Beitrag (Erickson'sche Konfusionstechnik) so viele Frage ausgelöst habe, die ich heute abarbeiten musste, kann ich mir meinen heutigen Beitrag eigentlich sparen und alle Interessierten auf die Fortschreibungen von gestern verweisen.


Trotzdem noch ein Gedanke, der mir heute im Laufe des Tages gekommen ist (wäre natürlich psychoanalytisch interessant, bei welcher Gelegenheit).


Eigentlich müßten provisorische Lösungen endlich mal von dem Makel befreit werden, der ihnen anhaftet. Ja, sie sind m.E. eigentlich die einzig angemessenen Lösungen für lebende Systeme im Allgemeinen, für Menschen und soziale Systeme im Speziellen.


Der Gegenbegriff zu provisorisch, so wie wir diesen Begriff umgangssprachlich verwenden, ist ja wohl am ehesten "endgültig" oder "dauerhaft" oder noch schlimmer: "perfekt". Dass etwas als Provisorium bezeichnet wird, verweist darauf, dass es nicht als dauerhaft zu betrachten ist. "Provido" heißt ursprünglich "ich sehe voraus", und offenbar sehe ich nur kurze Zeit voraus oder ich verspreche mir oder anderen, dass das Provisorium nicht von Dauer sein wird.


Aber das ist ja eigentlich nur realistisch. Nichts, was lebt, bleibt, wie es ist. Perfektion und Leben sind nicht miteinander vereinbar. Perfekt ist eine Bezeichnung für etwas Vergangenes, Abgeschlossenes. Was weiter geht, kann nicht perfekt sein bzw. bleiben.


Vielleicht sollten wir endlich beginnen, Provisorien wert zu schätzen, eine Theorie des Provisoriums zu entwickeln, das Hohe Lied des Provisoriums zu singen usw...


Auf jeden Fall ahne ich jetzt, warum die Personen in meinem Bekanntenkreis, die nach Perfektion streben, so angestrengt wirken... (allerdings: Wenn sie etwas Schöpferisches tun, ein gemessen an ihren eigenen Ansprüchen "perfektes Werk" schaffen, dann scheinen sie doch zufriedener zu sein als alle anderen - das geht aber wahrscheinlich nur, wenn man mit totem Material arbeitet: Skulpturen aus dem Stein klopft, Farbe auf Leinwand platziert, Bücher schreibt...).


Mit diesen unabgeschlossenen Gedanken, höre ich jetzt erst mal auf,


FBS