Putin
Gestern Abend das Interview mit Putin. Er hat mir ganz gut gefallen, obwohl ich ja kein ausgesprochener Putin-Versteher bin. Manches, was er sagte, war offensichtich allerdings vollkommener Quatsch (z.B. dass Faschisten die Macht in der Ukraine übernommen hätten, was angesichts der Wahlergebnisse kaum zu behaupten ist). Aber dass die Nato in Jugoslawien das Völkerrecht gebrochen hat, dürfte stimmen, und dass Steinmeier gemeinsam mit dem polnischen und französischen Aussenminister ein Abkommen unterschrieben hat, nach dem die Neuordnung der Ukraine in einem dialogischen Prozess ausgehandelt werden sollte, das am nächsten Tag schon wieder Makulatur war, ist auch richtig. Alles in allem erschien Putin mir jedenfalls nicht so borniert, wie er allgemein dargestellt wird.
In der Diskussion bei G. Jauch sagte irgendjemand, Putin sei ein guter Taktiker, aber kein Stratege. Da scheint mir was dran. Denn er hat sich jetzt ja wirklich in ein Loch gegraben, aus dem er nicht so schnell raus kommt.
Dass er durch die Sanktionen "zur Raison" gebracht werden kann, wie das immer so schön heißt, glaube ich allerdings nicht. Ganz im Gegenteil. Kriege dienen zwar oberflächlich immer irgendwelchen (meist ökonomischen) Interessen, aber letzten Endes werden sie um der Ehre geführt. Und das scheint mir bei Putin auch der Fall. "Russland will mit Sie angeredet werden", hat Sonja Mikich in der Diskussion gesagt. Die Konfrontation mit "dem Westen" hilft Putin daher innenpolitisch. Eskalation von Sanktionen hat in der Geschichte noch nie kurzfristig zum Nachgeben der einen oder anderen Partei geführt (höchstens langfristig - aber da braucht man einen sehr, sehr langen Atem).
Wahrscheinlich ist ja die umgekehrte Strategie viel wirksamer: Statt die Ostukraine wirtschaftlich ausbluten zu lassen wie Poroschenko das jetzt wohl versucht, wäre es schlauer, den Bewohnern dort zu zeigen, wie gut es sich leben läßt, wenn man Teil der Ukraine ist (statt Russlands). Durch Strafandrohung erzeugt man ja generell nur selten Wohlverhalten. Auf Bestechung reagieren die meisten Menschen hingegen viel wohwollender... (d.h. mit dem gewünschten und "autonom vereinbarten" Wohlverhalten).