REVUE Nr 13, Transformation. Feedback zu Gilgamesh und Christeene 10

REVUE, Magazine for the next society. Transformation. Nr 13. Sommer 2013


REVUE Editorial:


„… Die REVUE ist ein Resonanzraum für all diese Stimmen, in dem immer wieder die Frage nachhallt: ist eine Next Society eher als Wiedereinführung verlorener Möglichkeiten zu verstehen – und weniger als deren Ablösung? Wir wären auch auf Ihre Antworten gespannt…“


Feedback


Ich beziehe mich hier auf diese „Wiedereinführung“ – zeichne einen in REVUE gespannten Bogen nach, um diesen – ihn inhaltlich ergänzend – mit einem Plädoyer zu beschließen, und damit sich verlierende, beinahe schon verlorene Möglichkeiten in Erinnerung zu rufen.


Der skizzierte Bogen


GILGAMESH, übersetzt von William Muss Arnolt 1901.


CHRISTEENE, skype-geviewt von Ludwig Plath (*Zitate)


IX. Das Ende der „Postmoderne“ und das unvollendete Projekt der Moderne 3


In meiner Bemühung, das logologische® Problem von Subjekt und Beobachter herauszuarbeiten, halte ich mich hier zunächst nun eng an die Gedanken von Niklas Luhmann, um schließlich dort einzuhaken, wo ich diese erweitern will und erweitern kann. Den von mir vervollständigten Begriff der einseitigen „Logik“, nämlich den Begriff Logik/Logologik® versehe ich auf ihrer anderen Seite mit einem Logo®, um diese hilflose Wort-Konstruktion als meine eigene, und nicht als eine wie zufällig von irgendwoher übernommene auszuweisen.


Sie markiert nämlich das Problem, das ich hier wahrnehme, und bereits eingangs in meinen zwei Exkursen logischer Überlegungen klärend zu beschreiben versuche, hier fortführe und fortfahre, dies zu tun. (Natürlich kann ich nicht voraussetzen, dass meine Bemühungen dazu führen, dass das Problem von jeder und von jedem erkannt wird, noch erkannt werden will. Was längst bekannt ist, muss, so Hegel, deswegen noch nicht erkannt sein.)


Wenn man Luhmanns Analyse der Postmoderne rezipieren will, muss man diese bei ihm selbst nachlesen. Mich interessiert diese Behauptung nur insofern, als die postmoderne Ankündigung vom Verschwinden oder Tod des Subjekts je dort zu dessen Verschleierung dient, wenn es nicht schon unter dem Titel „Beobachter“ wieder fröhliche Urstände feiert. Erst die Systemtheorie Luhmanns bedeutet das tatsächliche Ende der Subjektphilosophie und jenes „transzendentalen“ Subjekts, - das natürlich ein männliches ist, worüber aber nicht, oder nur von Frauen, und dort unter völlig unterschiedlichen Gesichtspunkten, gesprochen wird, und dessen Spur ich hier zunächst bei, und lieber mit Luhmann freilege.


Wie kommt es zu diesem logisch einseitigen „autonomen“ „Erkenntis-Subjekt“, das uns qua seiner Deutungshoheit und Beschreibungsmacht - bis heute - sich selbst und die Welt erklärt?


Über neue Wertbegriffe wie Freiheit und Gleichheit wird geregelt, was soziale Inklusion zu bedeuten hat und was dabei aus dem Individuum selbst wird. Es erreicht im Übergang von 18. zum 19. Jahrhundert, so Luhmann, eine Höchstwertposition – die auch Subjekt genannt wird, und verdrängt in gewissem Umfang die Religion, beraubt sie jedenfalls ihres Privilegs für Höchstwertbestimmungen (1066) und vollendet sich mit Freuds Theorie des Unbewussten, findet dort seinen Gegenbegriff in sich selbst. Das Individuum kann als Unterschied zu sich selbst begriffen werden.(GdG S. 1067)


Die Frau ist der "dunkle Kontinent" (Freud) "La femme c'est une n'existe pas"(oder so ähnlich, Lacan)


Erst die neuerliche Fokussierung auf die Frage: WER ist der Beobachter? bringt wieder frischen Wind in das Problem, jenen autologischen Schluss, den allerdings schon Hegel hinein gebracht hatte, was auch längst bekannt, aber bis heute kaum erkannt ist.


Luhmanns Analyse legt, wie schon gesagt, die Annahme nahe, „dass die moderne Gesellschaft mit dieser Technik des Beobachtens des nicht Beobachten-könnens das Paradox des Beobachters als das eingeschlossenen ausgeschlossenen Dritte nachvollzieht. Das zwingt dann aber das Beobachten des Beobachtens zum autologischen Schluss auf sich selbst und zum Paradox als Abschlussgedanken;“ - also eines in Operation-seins, dessen Oszillationen und Rekursionen, mit dem Ergebnis von stabilen Eigenwerten (GdG S 1081/1082) – eine – doppelte - Invisibilisierung - produzieren, - soll hier schon mal angedeutet werden. Es handelt sich um die doppel-kontingente Blindheit der zum Nachdenken auf den Tisch gelegten doppelt kontingenten Blackbox des Bewusstseins qua Geschlechter-Differenz - das zentrale Paradox.


„In der christlichen Weltdarstellung, war die Frage des Beobachtens des Beobachtens, so Luhman, blockiert gewesen durch die Annahme Gott beobachte die Welt.

Mit dem Zurücksetzen der religiösen Weltsetzung war die Frage, wie die Welt in der Welt beobachtet werden könne, also wie die Welt sich selbst beobachte, freigegeben. Damit kam diese Aufgabe auf den Menschen zu, der sich daraufhin „Subjekt“ nannte, um seiner Weltbeobachtung, trotz aller empirischen Verschiedenheit der Menschen, Letztgewissheit und Einheitlichkeit zu garantieren. Fast unvermeidlich tendierte diese Denkfigur dazu, für das Subjekt einen „transzendentalen“, wenn nicht „extramundanen“ Standpunkt zu reklamieren. Das konnte jedoch nicht befriedigen. Wir müssen deshalb zu der radikaleren (weil paradoxieträchtigen) Frage zurückkehren, wie die Welt sich beobachten könne. Und für den soziologischen Blick ist klar, dass dies Frageschema zugleich als Vorlage dienen kann für die Frage, wie die Gesellschaft sich selber beobachten könne. (GdG 1114)


Ich greife hier ein wenig vor:


der Mensch, der sagte „Ich denke, daher bin ich“, der sich „Erkenntnis- Subjekt“ und schließlich „transzendentales Subjekt“ nennt ist neidlos und bewunderungswürdig ein empirischer Mann, - ein Helden-, Erkenntnis- und Wissenschafts-Subjekt oder auch ein Hausknecht - , aber die empirisches Frau war hiermit nicht gemeint, ist jedoch notfalls und eines schönen Tages dem einseitigen Begriff subsummiert, und darf sich, in ihrer neutralisierenden Subsumption unter den Begriff des „Beobachters“ – in der Welt allmählich zu Hause fühlen. Doch auf diesem Paradox beruht die gesamte Schöpfung, die Beobachtung der Welt, die Einheit der Reflexion.Das eingeschlossene ausgeschlossene Dritte. Darauf komme ich nun immer wieder zurück. Insofern, als dies bekannt, aber noch lange nicht erkannt ist. Vor allem aber nicht im Geringsten klar ist, was dies praktisch bedeuten könnte und wie mit diesem Wissen produktiv umgegangen werden kann.


Mein ursprünglicher Feedback-Text für REVUE Nr 13 ist AB HIER erweitert in logologischer Umarbeitung begriffen, da eine solche nun unabdingbar notwendig ist.


Nur noch kurz: Luhmann nennt die Postmoderne eine „sogenannte“, weil er keinerlei Anhaltspunkte für einen Bruch, für eine „Epochenzäsur“ sieht, die das Gesellschaftssystem selbst betrifft, und die es rechtfertigen würde die Moderne durch ein vorangesetztes „post“ hinter uns zulassen.


„Von „Postmoderne“, so Luhmann, könne man allenfalls mit Bezug auf die Selbstbeschreibung der Gesellschaft sprechen.“ Die Antwort auf die Frage, woran man eine spezifisch postmoderne Beschreibung, im Unterschied zu einer modernen Beschreibung erkennen könne, sieht Luhmann darin, dass die Dynamik der modernen Gesellschaft unterschätzt worden sei und ihre Beschreibungen „allzu statisch“ ausgefallen sind. (GdG S.1143)


„Das gilt, so Luhmann, für die Prominenz des cartesischen Subjekts, für die Idee der Menschenrechte und auch noch für die Annahme von Habermas, die Moderne sei ein unvollendetes Projekt. (GdG S. 1144)


Luhmann erkennt also keine Brüche und sieht deshalb den produktiven und modernen Weg darin, das Verständnis von der modernen Gesellschaft nicht einfach umzubenennen, sondern es vielmehr mitsamt ihrer Selbstbeschreibung zu dynamisieren.


Luhmann zählt bekanntlich Kommunikationstheorie, Evolutionstheorie und Differenzierungstheorie als jeweils verschiedene Einstiegsmöglichkeiten auf, um die Gesamttheorie darzustellen. Keine kann auf die Mitwirkung der anderen verzichten, die Reihenfolge ist beliebig, und es gibt auch nicht die strenge Konsequenz eines bestimmten konstruktiven Prinzips, sondern nur die Resultate seines Versuchs, eine Vielzahl verschiedener „Theorieentscheidungen aufeinander abzustimmen.“ (GdG S.1138)


„Und nur diese relativ lockere Form des Theoriedesigns“, empfindet Luhmann als angemessenes Angebot einer Selbstbeschreibung der modernen Gesellschaft, die, wie sich nach der soziologischen Analyse bestätigt, eine hinreichend komplexe Selbstbeschreibung in der sachlichen, zeitlichen und sozialen Sinndimension artikulieren muss.


Die Selbstbeschreibung der sogenannten Postmoderne ist eine unter anderen Selbstbeschreibungen.


Die Analytik der Selbstbeschreibung, so Luhmann, wird daher zum Ergebnis einer „Wiederbeschreibung“ der Selbstbeschreibungen kommen müssen.


„Eine solche Wiederbeschreibung führt weder zu einer positiven noch zu einer negativen Charakterisierung der Gesellschaft. Sie formuliert die Identität des Systems nicht als Wert, schon gar nicht als Norm, nach der man die Gesellschaft oder das Verhalten in ihr beurteilen könnte. Sie lässt es nicht zu, zwischen progressiven und konservativen Einstellungen zu wählen. All das würde einen externen Beobachter voraussetzen, nach dem man sich richten kann, oder eine interne Position für einzig-richtiges Beobachten, das den anderen nur noch mitzuteilen hätte, was von ihr aus zu sehen ist. Solche Annahmen ersetzen wir durch die These, dass die Gesellschaft Sinn schlechthin konstituiert, dadurch, dass sie sich im Medium Sinn als Form produziert und reproduziert. Und alle Kriterien für gut oder schlecht, wahr oder unwahr, rational oder irrational, funktional oder dysfunktional müssen in der Gesellschaft per Kommunikation erzeugt werden, und das heißt: in einer Weise, die beobachtet werden kann und die Möglichkeit des Annehmens oder Ablehnens eröffnet.“ ( GdG S.1140)


Für Luhmann hat dies nun mehrere Konsequenzen:

Dass sich die Form der Selbstbeschreibung ändern muss.

Dass das „Selbst“ der Selbstbeschreibung identifizierbar sein soll.

Dass es unterscheidbar bleiben muss.


Denn, „auch wenn es ein Mehrzahl von Selbstbeschreibungen der Gesellschaft in der Gesellschaft gibt, gibt es deshalb noch nicht mehrere Gesellschaften.“ (1141)


Das alles mag durchaus bekannt sein, ob es allerdings schon von jeder erkannt ist, bleibt offen.


„Man mag darüber streiten, ob das „Projekt der Moderne“ beendet ist oder nicht; oder darüber streiten, ob es gut ausgehen wird oder nicht. Dieser Streit führt, das sieht man bereits, zur Konfusion der Positionen. (GdG S. 1141)


Diese Frage und all die anderen hier angeschnittenen werde ich in der Folge unter einem erweiterten Gesichtspunkt erörtern.