Selma

Ja, ich hätte auch "Birdman" den Oscar verliehen. Trotzdem ist "Selma" ein sehenswerter und wichtiger Film, auch wenn er in seiner Machart und Dramaturgie eher konventionell ist und daher nicht mit "Birdman" mithalten kann.

Der Grund, warum es sich lohnt, ihn anzusehen, ist die Story, die erzählt wird: Martin Luther King war 1965 eine der Leitfiguren des gewaltlosen Widerstands gegen die Praxis, den Schwarzen (heute "Afroamerikanern") ihr offiziell geltendes Wahlrecht zu verweigern. Der Höhepunkt dieser Kampagne war ein Marsch von Selma nach Montgomery, die Hauptstaat des Staates Alabama. Erste Versuche wurden brutal nieder geknüppelt, es gab Tote, und das Fernsehen hat alles live übertragen. Ein gutes Beispiel für die Logik von Kampangnen, durch welche formale Macht unter Handlungsdruck gesetzt werden können. Ergebnis war eine Änderung der Gesetzgebung durch die Regierung Johnson.

Wie auch heute noch in vielen Südstaaten der USA wurden bis dahin großflächig Tricks angewandt, um jeden Nicht-Weißen von der Wahl fern zu halten.

Das Maß des Rassismus, der in den 60er Jahren zu beobachten war, ist gut dargestellt und daher erschreckend. Ein wenig besser dürfte es inzwischen schon geworden sein. Aber wenn man an Ferguson denkt, an die überproportionale Zahl von Schwarzen, die wegen Bagatelldelikten ins Gefängnis geworfen werden usw., dann kann einem das Kotzen kommen.

Rassismus ist auch in Deutschland an der Tagesordnung, aber verglichen mit den USA leben hier bunte Menschen auf einer Insel der Seligen...