Strafsache 4 Ks 2/63

Heute habe ich eine dreistündige Dokumentation über den Frankfurter Auschwitz-Prozess angesehen (als Video erhältlich).


Die Fakten waren mir ja allle hinlänglich bekannt. Und da ich an einigen der Sitzungen im Jahre 1964 im Publikum gesessen habe, war mir eigetnlich auch die Attitüder der Angeklagten vertraut. Trotzdem hat es mich wieder einmal vom Hocker gehauen, zu hören, mit welcher Kaltschnäuzigkeit die Angeklagten - vor allem der Hauptangeklage Mulka, Adjutant des Lagerkommandeurs - behauptet haben, sie hätten nichts von den Massenmorden gewußt...


Im Rückblick wirkt dies geradezu albern, aber 1964 war die BRD ja ein Land, in dem niemand etwas gewußt hat - angeblich.


Auch einige der Verteidiger fand ich beeindruckend (nicht positiv gemeint). Vor allem Dr. Laternser, der doch allen Ernstes behauptete, die an der Selektion beteiligten Angeklagte (viele Doktoren!) hätten letztlich dafür gesorgt, dass die von ihnen ausgewählten Personen länger leben konnten, da für alle ja der Tod vorgesehen war. Es gibt - und gab wohl immer - unsäglichliche Juristen (andere, wie einige der Staatsanwälte oder den damaligen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, aber eben auch).


Alles in allem haben diese Angeklagten nach dem Kriege als friedliche und meist auch freundliche Menschen unauffällig weiter gelebt. Daher stellt sich die Frage, welchen Einfluss die Organisation Auschwitz auf sie hatte. Ich bezweifle, dass sie den gleichen "Charakter" gezeigt hätten, wenn sie in einem anderen sozialen Kontext hätten agieren müssen. Allderdings denke ich, dass sie auch nicht zufällig in ihren Positionen gelandet waren und ihre Taten auch nicht - wie sie behaupten - nur als Befehlsempfänger vollzogen haben. Hier hat wohl eine Kopplung zwischen psychischen und sozialen Strukturen stattgefunden, die in grausamer Weise "passend" war...