Suhrkamp

Gestern ist vor dem Amtsgericht in Charlottenburg über die Umwandlung des Suhrkamp-Verlags in eine Aktiengesellschaft verhandelt worden. Der Sinn dieser Prozedur besteht darin, den Minderheitsgesellschafter Hans Barlach, der 39% der Geschäftsanteile hält, zu entmachten. Ein Streit, der seit Monaten durch die Presse geht und vielfältige Emotionen weckt.


Als Suhrkamp-Autor (!) und Verleger eines durchaus (allerdings nur in wenigen Bereichen) als Mitbewerber zu verstehenden Verlages verfolge ich diese Angelegenheit mit besonderem Interesse.


Was mir dabei auffällt, ist, dass es hier vor Gericht wie im Krieg zugeht: Die Welt teilt sich in Freunde und Feinde, und wer nicht für den einen ist, der ist gegen ihn...


Vor Gericht kann man eben auch siegen, d.h. dem Gegner eine endgültige Niederlage beibringen. Allerdings, auch das zeigt der Fall, sollte man im Kriegsfall nie die Kreativität des Gegners unterschätzen...


(Ich vermute, dass Herr Barlach gerade mit seinen Anwälten zusammen sitzt und überlegt, welches sein nächster Schachzug sein könnte - und ich bin ziemlich sicher, dass die Suhrkamp-Leute überrascht sein werden...)


Was mir aber - ehrlich gesagt: ziemlich unangenehm - auffiel, als ich die vielen Autoren hörte, die gestern bei der Gläubigerversammlung waren und sich anschließend vor den Fernsehkameras äußerten, war der Hass (mir fällt kein besseres Wort ein), den sie Herrn Barlach gegenüber empfinden oder zumindest ausdrücken. Eine Art der Emotion, die mir persönlich höchst unangemessen - zumindest im Maß der Ausprägung - erschien.


Sollten die Autoren, die zur Zeit die Crème de la Crème der deutschsprachigen Belletristik repräsentieren, wirklich so weng reflektieren, dass sie einen Menschen, den sie in der Regel noch nie persönlich getroffen haben, in ein derart undifferenziertes Freund-Feind-Schema einordnen ...


Das scheint mir ein kindisches, um nicht zu sagen: regressives, Muster, das bei mir gewisse Sympathien mit dem "armen" Herrn Barlach weckt.