Warum jedes Ultimatum doof ist...

Wer anderen ein Ultimatum setzt, gibt ihnen die Macht zu entscheiden, wann und wie er selbst zu handeln hat. Er nimmt sich für eine - nicht kalkulierbare - Zukunft die Handlungsfreiheit. Er muss dann handeln, ohne den dann gegebenen Kontext zu kennen - was idiotisch ist.


Es gibt eben einen Unterschied zwischen der gegenwärtigen Zukunft und der zukünftigen Gegenwart - eine Erkenntnis, die denjenigen, der Ultimaten setzt, meist dann einholt, wenn es zu spät ist.


Deswegen ist es nie (!) sonderlich intelligent, irgendeine Art von Ultimatum zu setzen (oder "rote Linien" zu definieren).


Wer dann - wenn z.B. eine "rote Linie" überschritten ist, die zur Folge haben soll, dass... - nicht handeln will, steckt in der Klemme, weil er sich als Papiertiger erweist, das Gesicht verliert usw. - alles ziemlich blöd.


Erfahrungsgemäß werden solche Ultimaten oder "Wenn-dann..."-Drohungen in der Kindererziehung angewandt (wo sie natürlich auch scheitern): Wenn Du dein Zimmer nicht aufräumst, dann... (ja, was denn? - Geben dich ins Heim?).


In ähnlicher Weise ist der US-Präsident vorgegangen, als er den Syrern mit Strafe drohte, falls sie Giftgas anwenden. Dass Gas angewandt wurde, scheint außer Zweifel zu stehen. Wer immer es getan hat, wollte die Amerikaner zum handeln zwingen. Sie haben nur zu verlieren dabei. Denn die Folgen solch erzieherischer Aktionen sind meist anders als geplant. Und um eine erzieherische Aktion handelt es sich: "... do deter this kind of behavior", so hat Obama in seiner Rede gestern Abend die Notwendigkeit des militärischen Eingreifens begründet.


Pädogogische Politik.


Und ein interessantes Beziehungsangebot:


Da sind die reifen, "erwachsenen" Amerikaner, welche den "Kindern" Manieren beibringen wollen - und zwar nicht durch sozialpädagogische Massnahmen, sondern durch schwarze Pädagogik. Wer nicht hören will, muss fühlen. Auf die Finger hauen...


Ein bekanntes Muster und eine bekannte Reaktion: Saddam Hussein hatte George W. Bush angeboten, mit ihm in einer Fernsehdiskussion alle anstehenden Fragen auszudiskutieren. Was er wollte, war Augenhöhe. Die wollten ihm die Amerikaner nicht geben. Ich hätte diese Diskussion auf jeden Fall gern gesehen. Dass der Irak den Eindruck erweckte, er habe Massenvernichtungswaffen, zielte darauf ernst genommen zu werden (mit einem fatalen Ausgang für die irakische Bevölkerung). Das hat die Bush-Regierung nicht verstanden (mit fatalen Folgen für die US-Bevölkerung)...


Ähnliches scheint jetzt zu geschehen. Die US-Erzieher drohen mit (Militär-) Schlägen und wollen so die Kinder zur "Raison" bringen. Und wenn die nicht hören...


Hoffnungslos, diese Amerikaner. Kommen aus ihren schlichten Modellen nicht raus.


Ich könnte mir vorstellen, dass der amerikanische Präsident inzwischen bemerkt, in welche Sackgasse er sich durch sein - wohl eher innenpolitisch motiviertes - Ultimatum manövriert hat. Seine einzige Hoffnung ist nun die Ablehnung dieser Aktionen durch den Kongress (so, wie auch Cameron schon durch sein Parlament gerettet wurde).