Einsamer Meister des zynischen Grinsens

Wer den Innenminister vor Augen hat, erinnert sich bestimmt noch gut an sein mysteriöses Grinsen. Was ist das tiefere Geheimnis dieses Gesichtsausdrucks? Dieses Grinsens, das nur zu oft einen Moment lang über Seehofers Gesicht huscht, um aber lange genug dort zu verweilen, damit es in Erinnerung bleibt.


Seehofers Grinsen passt oftmals nicht zu dem, was Minister sagt. Es passt nicht zu der jeweiligen Situation. Noch ganz in seinem plötzlichen Auftreten enträtselt werden. Es ist da. Es verschwindet, den Beobachter in der Gewissheit belassend, dass es bestimmt zurückkehren würde.


Seehofer ist erfolgreich schmallippig. Sein Mund, in der Regel beim Reden nur einen Spalt breit geöffnet, gibt den Worten einen ausgesprochen scharfen, kantigen fast schon schneidigen Ton. Die Lippen zu einem schmalen Strich gespannt unterstreichen die Wirkung der zusammen gepressten Zähne. Nur ein kleiner Schlitz ermöglicht Seehofers Worten den (selbst-) befreienden schlag in die Welt da draußen. IN die Welt, von der sich der Sprechende abgekoppelt hat. Schon lange scheint es, wenn man seinen eigenen zynischen Äußerungen Glauben schenken mag. Glauben schenkenmuss. Hat der Minister sich doch selbst als Mitglied im Club der "Einzelgänger, Isolierten, Verstreuten und Querulanten" bezeichnet.


Seehofers Lächeln kommt aus der geheimnisvollen Ferne. Es bleibt dort und hält den Minister auf Abstand zu den Menschen. Dieses Lächeln scheint zynisch zu sein, zynisch zur eigenen Lebenssituation aber auch zynisch den Menschen gegenüber, mit denen er zu tun hat. Den Menschen gegenüber, die ihn gewählt haben. Den Menschen gegenüber für die eigentlich Politik machen sollte.


„Wenn der Mensch fürchtet, dass er das, was er sich vorgenommen hat, nicht schafft,“ so der Psychiater und Psychotherapeut Dr. Horst Walter Ebeling-Golz, „wenn er spürt, dass ein Zusammenbruch drohen könnte, dann versucht er, dies abzuwenden und wird zynisch.“ Allein schon deshalb weil es schier unerträglich ist  sich als jemand zu erleben, der an sich selbst gescheitert ist. Der zynische „Angriff“ vollzieht sich in drei grob umrissenen Stufen: zuerst auf die großen Ideale, dann auf das Umfeld, zuletzt zermürbt man sich selbst.


Gefährlich ist es, so der Experte, wenn man in sich versteinert wird.


Seehofers zynisches Lächeln hat was Automatenhaftes. Wirkt wie eine Maske. Beinah schon regungslos, versteinert.


Menschen, die so vielfach kurz vor einem Burnout leben, wollen für das was sie machen geliebt werden. Seehofer will geliebt werden. Seehofer vergrätzt aber gerade durch dieses Lächeln diejenigen, die ihn lieben sollen.


Seehofer ist Täter und Opfer zugleich.