Gesundheit ist, wenn der Mitarbeiter seinen Vorstand am Nasenring durch den unternehmerischen Zirkus führt

In der letzten Zeit begegnet mir, und das ist gar nicht so verwunderlich, oftmals das Thema zu hohe Belastung, Stress und was man dagegen im Unternehmen tun kann. Die Mitarbeiter beklagen sich vor Ort oder werden krank. Führungskräfte halten etwas länger durch und fallen dann, wenn sie auch krank werden (was ja inzwischen passiert, auch wenn manche das noch nicht so richtig glauben wollen) in der Regel für eine längere Zeit aus. Leiter Führungskräfte rackert sich ab, führt Befragungen zum wiederholten Male durch, auch wenn (leider, wen verwundert es?) immer die Ergebnisse vom letzten Mal bestätigt werden. Also Mitarbeiter und Führung sind wirklich krank, krank wegen Überlastung. Geschäftsleitung und Vorstand blicken ernst drein und kündigen dann glaubhaft an, dass jetzt doch endlich was getan werden muss.


Habe gerade eine solche Ursachenanalyse, die auf einer differenzierten Befragung im Unternehmen aufbaut. (Die Befragung umfasste übrigens ca 20 Seiten) Hierauf aufbauend wurde von Mitarbeit und Führung gemeinsam ein Maßnahmenkatalog verfasst, ganz nah am alltäglichen Job. Irgendwann kommt dann die Wirkungsanalyse.....und dann.....?


Bestimmt die nächste Befragung. Undsoweiter.


Warum erzähle ich das hier? Kann mir nämlich ein leises Schmunzeln nicht verkneifen. :-) Ein kleiner Ausschnitt zum Verständnis: über ein 10 seitiges Dokument ergießt sich ein Konvolut von unzähligen Maßnahmen. Alle bis auf eine beziehen sich auf technische Aspekte der Ergonomie, des Arbeitsablaufs, der IT usw. Auf der letzten Seite gibt es eine Maßnahme für die Führung und eine für die Gesundheit direkt. Führung soll demnach (endlich) in den Dialog mit den Mitarbeitern gehen. Diese Wirkung würde dann auch im Rahmen der Wirkungsanalyse überprüft werden. Überprüft, ob Dialoge stattgefunden haben. (Inhalte der Dialoge müssen offensichtlich nicht überprüft werden)


Warum erzähle ich Ihnen das? Gut, die Mitarbeiter beklagen sich, dass die Arbeitsbedingungen den Stress verursachen würden und dass dies und das geändert werden müsste. Bei genauerer Betrachtung kann einem auffallen, dass es an den Bedingungen aber auch an den Mitarbeitern und vielleicht ja auch gar an der Führung liegen könnte, dass es eine so hohe Belastung gibt.


Auch wenn Führung und Geschäftsleitung der Auffassung sind, dass dies auch eine Ausrede der Mitarbeiter ist / sein kann, bietet man den Mitarbeitern besagtes Konvolut von technologischen und / oder verhaltenstechnologischen Maßnahmen an.


Und sonst nichts.


Geschäftsleitung und Vorstand befolgen brav die Aufforderung der Mitarbeiter, die Bedingungen müssten doch endlich geändert werden, auch wenn sie innerlich oder im vertrauten Kreis hinter vorgehaltener Hand, das Verhalten der Mitarbeiter beklagen. Die müssten doch endlich sich mal an der eigenen Nase packen und ändern


Nun, es scheint mir, dass der Umgang mit zu hoher Belastung doch ein Führungsproblem ist. Nämlich eins der Führung von unten nach oben. Im Management-Sprech: bottom-up!


Führen doch die Mitarbeiter ihren Vorstand oder ihre Geschäftsleitung am Nasenring durch den unternehmerischen Zirkus führen.