Kochshow (Szenen eines systemischen Symposiums 2/3)

Stellen Sie sich vor, Sie werden bei einem TV-Dreh vor laufender Kamera gefragt, was Sie bewogen hat, dies oder jenes zu tun. So geschehen bei meinem letzten Besuch in China. Diesmal ging es u.a. um eine allgemein verständliche Art Chinesen das Thema Körpersprache und nonverbale Kommunikation vorzustellen. Natürlich war leicht verdauliche Kost gefragt. Daher antwortete ich auch ganz spontan auf die Frage, was mich immer wieder beruflich nach China führen würde, die Lust auf die chinesische Küche. Und ob Sie es glauben mögen oder nicht, die chinesische Küche ist einzigartig, unglaublich vielfältig, optisch bis ins Detail inszeniert und Anlass sowie Ort von gemeinsamem Erleben. Nicht nur das, sondern auch von guanxi, einem Potpourri aus Beziehung, Geschäft, Zusammenhalt, Lachen, Geheimnis, Ritual und all dem, an das Sie selbst jetzt so denken.


Im alten Frankreich war anfangs ein Potpourri ein Eintopf. Später zum Topf mit wohl riechenden Pflanzen geadelt, lauschen wir ihm in der Musik als die aus bereits bestehenden Kompositionen zusammengesetzte, nachträglich zu einer neuen, mehr oder weniger harmonisch kreierten, musikalischen Einheit. Mit oder ohne modulierende Übergänge.


Ich will Ihnen durch den Hinweis auf die wörtliche Übersetzung von Potpourri als einem „verfaulten Topf“ nicht den Geschmack verderben. Auch wenn mich manchmal in China versteckte Zweifel an der Genießbarkeit des einen oder anderen Gerichts zu überfallen drohten. Nichts für ungut, dachte ich mir, und vertraute auf die Wahl meiner Gastgeber und das Faktum, dass sie sich immer noch offensichtlich bester Gesundheit erfreuten.


Na ja, bin durch meine Erfahrungen in China richtig in Stimmung gekommen, um endlich eine weitere Facette des besagten Symposiums zu schildern. Den vortragenden KollegInnen zu lauschen, ihre geschmackvoll inszenierten theoretischen und praktischen Gerichte zu beschnuppern oder im Workshop zu kosten, gefiel mir sofort. Hatte ich mich auch doch auch gerade wegen dieser Möglichkeit der Verkostung an der Uni Witten-Herdecke angemeldet.


Jüngst erschien im Stern ein Bericht über die so beliebten TV-Kochshows. Komödie, Tragödie oder Kabarett….egal….Hauptsache nicht langweilig. TV-Köche werden wie Popstars gefeiert, gekocht wird natürlich auch in den Shows.


Konferenzen sind auch Kochshows. Will man doch seine Vorstellungen und Konzepte (Kochrezepte?) geschmackvoll, auch fürs Auge passend, gut gewürzt und dem wissenschaftspraktischen Zeitgeist geschuldet zubereitet bekommen. Natürlich stimmt die harmonisch oder pikant abgestimmte Mischung der Zutaten, vom Koch selbst auf dem Markt ausgesucht. Alles muss eben stimmen.


Theorie und Konzepte kann ich nachlesen, dafür brauche ich mich nicht auf den Weg nach Witten zu machen. Professionelle Erfahrungen kann ich auch kollegial on the job machen. Ein Workshop auf der Konferenz ist dann eher „nur“ eine Kostprobe.


Nein, ich will riechen lernen. Die ganz unterschiedlich zubereiteten Gerichte riechen und mich an der Vielfalt der Gerichte erfreuen.


So wie im chinesischen Restaurant: runder Tisch, viele Leute um den Tisch herum, in der Mitte des Tischs eine runde, sich drehende Platte mit den vorzüglich präsentierten Gerichten. Eine heitere, ausgelassene Stimmung lädt ein, sich mit den, vielleicht anfangs ja noch ungelenk gehaltenen, Stäbchen einfach so zu bedienen wie es einem schmecken mag. - Stets nach eigenem Gusto.