Psycho-Politics Part I, oder: eine neue Variante von Therapieproblem mitten in Europa

Bin gerade zu einem Ausbildungsworkshop in Kroatien. Im Grunde genommen Alltag für mich. Und doch erfahre ich hier zum ersten Mal etwas, das mich zutiefst erschreckt hat. Thema des Workshops: Sexualität. Ort: Ausbildungsgruppe in Körperpsychotherapie. 4. Ausbildungsjahr. Übliches Prozedere, so wie man es in vielen Ausbildungsgruppen gewöhnt ist. Schließlich der Punkt, an dem die lesson learnt deutlich wird.


Diesmal: hätte deutlich werden können.


Nachdem wir die relevanten Aspekte des jeweiligen Anlasses in der Gruppe beleuchtet hatten und mögliche Entwicklungsperspektiven sowie konkretes Handeln entworfen hatten, schien sich für einen Moment eine gute Zufriedenheit in der Gruppe auszubreiten. Wenn da nicht die aktuelle gesellschaftspolitische Brisanz in Bezug auf Sexualität berührt worden wäre.


Kurzer Exkurs zur spezifischen Situation: im Sommer 2913 hat eine Politikerin über eine Unterschriftenaktion  mehr als 900 000 Unterschriften gegen Homosexualität gesammelt. Bezogen auf die Gesamtpopulation sind das 20 %, bezogen auf wahlberechtigte oder erwachsene Menschen mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Diese Aktion der Bürgerbewegung „Im Namen der Familie“ ist gepaart mit vermehrten und schärfer werdenden konkreten Attacken auf Homosexuelle und Menschen die sich nicht offen gegen Homosexualität äußern. Diese werden sozusagen mit angeprangert. Weitere Kampagnen sind in der Mache, wie die Bürgerbewegung sich brüstet.


Wie, und das ist die Essenz meines eigenen Erschreckens, kann ich als Psychotherapeut Menschen in Bezug auf eine freiere, d.h. selbst bestimmte Sexualität unterstützen, sie vielleicht sogar noch dazu ermutigen, wenn alle wissen und zu Recht befürchten müssen, dass man „draußen“, außerhalb des Therapiezimmers überall Widerstand, Entwertung, Anfeindung und körperliche Übergriffe zumindest Sachbeschädigung / Vandalismus erwarten muss. In der Gruppe aber auch durch die aktuellen politisch motivierten Übergriffe wird deutlich, dass man dem im eigenen Alltag, überall im Land, nicht entgehen kann.


Das ist schlimm genug. Die Geschichte geht aber noch weiter. Wird noch seltsamer. Mehr in Part II.