Schweigen lernen

"Zwei Jahre braucht der Mensch, um das Sprechen, ein Leben lang, um das Schweigen zu lernen".


Mit diesen Worten hat Ernest Hemingway, ein Meister der Sprache, wohl einen Aspekt von nonverbaler Kommunikation auf den Punkt gebracht. Natürlich kann ein Kind nach zwei Jahren noch nicht richtig sprechen. Mögen es also einige Monate oder Jahre länger sein, bis das kleine Menschlein sprechen kann. Der Essenz von Hemingways Aussage tut dies jedoch keinen Abbruch.


Mögen wir Menschen zur sprechenden Spezies der Natur gehören, vielleicht verknüpft mit der Kompetenz auch über uns selbst reflektieren zu können (Karl Marxs Beispiel vom Unterschied der Biene als exzellentem Baumeister und dem Menschen als kreativem Baumeister läßt grüßen), so meint dies offensichtlich nicht, dass Sprechen der Königsweg der Kommunikation ist. Natürlich möchte ich nicht auf die Fähigkeit, mich sprechend mit anderen Menschen austauschen zu können, verzichten. Natürlich sind das menschliche Reflexionsvermögen und dessen Versprachlichung unbedingt vonnöten.


Und doch liegt offensichtlich im Schweigen, im Nicht-Gesagten, Nicht-Sagbaren und eventuell Nie-Sagbaren eine Essenz, die das Verdauen des (oftmals unbedingt) in Worte Gebrachten ermöglicht.


Wie aber lernen wir das Schweigen als eine hohe kommunikative Kunst? Ich erinnere mich noch gut an einen Rhetorikkurs, den ich vor einigen Jahrzehnten mitgemacht habe, in dem die Kunst der Pause Thema war. Ich erinnere mich noch gut daran, was es heißt in der (körper- )psychotherapeutischen Praxis mit dem Nicht-Bewussten zu arbeiten. Dem Erfahrungsbereich des Menschen, der nie in Worte gebracht werden kann.


Vielleicht sollten wir es daher bei der Komposition des Lebens wie Mozart machen, der da sagte, dass der Zwischenraum zwischen den Noten genauso wichtig sei wie die Noten selbst.