"Shitstorm" zwischen Meinungsfreiheit und Zensur

Wenn es Kommentare zu Beiträgen im Internet gibt, kommt es vielfach schnell zu einer Polarisierung der Meinungen oder Emotionalitäten. Entweder "dafür" oder "dagegen". Und das natürlich radikal und in aller Vehemenz vorgetragen. Jede Seite duldet keine Gegenrede, kein Wiederwort, keinen Aufschub.


Kenner der Szene nennen das, kommt es zu einem Schwall von Schmähungen und wüsten Beschimpfungen, "Shitstorm". Zustimmung drückt sich in Social Media durch die Anzahl der "Likes" aus, oder in überschwänglichen, ebenso radikal vorgetragenen Zustimmungsbekundungen.


Das ist nun einfach so, könnte man meinen. Das müsste man so akzeptieren, wenn man Meinungsfreiheit und Transparenz im Netz wünscht. Wenn man selbst mit solchen Schmähungen überschüttet wird, ist einem aber dann das eigene Hemd doch wichtiger, weil näher. Meinungsfreiheit in Form von "Shitstorm", nein Danke.


Wie sollte man also auf eine solche Polarisierung reagieren? Wie umgehen mit Leserkommentaren? Der Tagesspiegel in Berlin versucht sich in der Verbesserung einer Debattenkultur, so wie es die "New York Times" und die "Washington Post" es auch schon tun. Fragen sie doch, wie man die Debattenkultur verbessern könne. Markus Hesselmann vom Tagesspiegel gibt dem Bemühen einen breiten Raum im Netz. Einerseits stößt er regelmäßig online den Diskurs an, andererseits fokussiert er den Prozess über die wöchentliche Debattenkolumne in der Printausgabe des Tagesspiegel.


Einer der Verbesserungsvorschläge ist folgender: "gute Beiträge", die sowohl dafür als auch dagegen sprechen, werden durch den Editor oder Moderator wie Leserbriefe ausgewählt vorangestellt. Der Rest kommt weiter unten.


Ein weiterer schafft eine Struktur, so dass sich Leser inhaltlich und persönlich positionieren können. Mann kann demnach nicht einfach draufhauen oder jubeln. Nein, man muss dies mit einem Argument verbinden oder sich auf Zitat aus dem Text beziehen und die eigene Meinung daran festmachen.


Meinung frei äußern, meint demnach: Meinungen nicht auf eine beliebige Art zu äußern. Debattenkultur meint somit immer auch Moderation.


Debattenkultur meint somit, so Hesselmann, störende "off Topic" Beiträge oder endlose Wiederholungen rauszuhalten. Argumente seien wichtig. Und reflektieren statt "Shitstorm". So gut, so schön. Zustimmung.


Nur drücken: "Shitstorm", Polarisierung, Likes usw. doch auch Emotionalitäten aus, die es zu berücksichtigen gilt. Emotionalitäten, die zum Spiel im Netz dazu gehören. Der Verzicht hierauf, oder die "Wegmoderation" derselben, verzerrt das Spannungsfeld.


Ich frage mich also, und habe natürlich selbst noch keine Antwort gefunden, wie kann man diesem Spannungsfeld durch Moderation oder auf eine andere Art Rechnung tragen oder gerecht werden. Ich bin mir aber sicher, dass der Verzicht darauf, nicht das geeignete Mittel ist.