"Wir sind eigentlich alle Mafia"

Seit einigen Tagen genießen wir die sizilianische Sonne in Palermo. Unsere morgendlichen sehr erfrischenden Frühstücksgespräche mit Daniela einer fast 60 Jährigen Sizilianerin auf der Dachterrasse kreisen um Alltagsthemen, all das, was einen im Urlaub so bewegen mag.


Gestern ging das Thema, wen wundert`s, zur 2. historischen, die Gesellschaft im Hintergrund regulierenden Instanz, nämlich der Mafia. Danielas Stimme, ein wenig leiser, der Blick kurz zur Seite schauend, ließ eine sichtliche Erregung aber auch subtile Angst verspüren, während sie natürlich weiterredete. Natürlich auch eine unmerkliche Begeisterung. Es schien uns, als müsste sie weiterreden. "Im Grunde sind wir alle Mafia" resumierte sie ihre Ausführungen. Natürlich war sie "auf der anderen Seite", gehörte nicht zu irgendeiner dieser speziellen Familien hier auf Sizilien. Und doch, so betonte sie, haben "wir alle doch irgendwie mit der Mafia zu tun".


Ein spezielles Phänomen fand unser besonderes Interesse. Jüngst hatte man wieder einmal einen dieser großen Bosse gefunden und eingesperrt. Einer dieser großen Bosse hätte auch ausführlich ausgeplaudert, wie die Strukturen so seien. Jetzt würde er wohl in den Knast gehen.


Bei alten Mafiosi sei das oftmals so. Sie würden, wenn sie genug für die Familie getan hätten, in den Knast gehen, um den Jüngeren Platz zu machen. Die Jüngeren würden den Ehrencodex besser, da Zeit näher, leben können und dabei zudem noch gut verdienen. Irgendwie erinnerte mich all das an die "Sopranos". (Wer diese TV-Serie noch nicht kennt, sollte sie sich mal ruhig anschauen).


Aber warum würden die Alten der Polizei die Mafiastrukturen verraten? Unsere Frage überraschte Daniela überhaupt nicht. "Wissen Sie", sagte sie fast nebenbei, "es werden doch nur die Strukturen verraten. Aber wie die Mafia aktuell, unter der Führung der Jungen funktionieren würde, wüsste man dann natürlich nicht."


Ist das also der Deal zwischen den Generationen, um der Mafia eine historische Überlebenschance zu garantieren? Die Alten gehen, verraten das, was mal war und die "Guten, nämlich die Nicht-Mafia" arbeitet sich hieran ab. Während die Jungen, die neuen Bosse, die Mafia wieder neu erfinden.


Was ändert sich also? Ein brauchbares Überlebensmodell vom Zusammenspiel zweier Systeme? Zwischen Gut und Böse?