Addyi

Nun ist es soweit. Nach zweimaliger Ablehnung durch die Zulassungsbehörde FDA kommt im Oktober das Medikament auf den US-Markt, das beharrlich falsch als „Viagra für Frauen“ bezeichnet wird. Hinter dem Markennamen Addyi, über dessen Aussprache man schon mal nachdenken darf, verbirgt sich das Generikum Flibanserin.


Seit der letzten Ablehnung vor zwei Jahren gab es keine neuen empirischen Belege für die Wirksamkeit, aber eine geschickte Propaganda der Herstellerfirma Sprout Pharmaceuticals. Sie brachte das feministisch aussehende Argument ins Spiel, dass nach den vielen sexunterstützenden Medikamenten für Männer es eine Frage der Fairness sei, den Frauen auch etwas anzubieten: „Auch Frauen haben ein Recht auf besseren Sex“.


Für dieses Recht müssen die Frauen das Medikament vier Wochen lang täglich einnehmen, damit es einen Effekt verspricht. Und der liegt bisher bei einer Steigerung der monatlichen Koitusfrequenz um einen Akt („Besser als nichts“ kommentiert der Hersteller.) Viagra (Cialis, Levitra) wird nach Bedarf genommen, Addyi auf den Verdacht hin, dass sich ein Bedarf einstellen könnte. Während Viagra lediglich die Funktion (Erektion), nicht aber die Lust beeinflusst, ist Addyi eine Stimmungspille, die nicht über die genitale Blutzirkulation, sondern über das Hirn wirkt (durch Unterdrückung von Serotonin und Aktivierung von Dopamin) und so die sexuelle Lust steigern soll – falls es dafür einen Anlass geben sollte.


Gute Stimmung kann ja bei Sex nicht schaden. Blöd ist nur, dass sich das Medikament schlecht mit Alkohol verträgt und dann zu Übelkeit führen kann. Statt Schampus also Mineralwasser zum Vorspiel!


Aber es ist nicht nur lustig. Dieses Medikament mag helfen, die Lust zu manipulieren, aber zu ihrem Verständnis trägt es nichts bei. Es verhindert es eher. Was ist, wenn die Frau aus guten Gründen keine Lust hat? Was macht sie, wenn ihr ohnehin schon drängender Mann sie zur Dauermedikation nötigt? Welche Frau lässt sich das gefallen?


Therapeutisch bin ich gespannt auf die Paarkonflikte, die entstehen, wenn sich eine lustlose Frau auf Betreiben ihres Partners medikamentös in eine sexuelle Dauerbereitschaft bringt, die ihr nicht entspricht.