Before Midnight: Ansehen!

Ganz schön ernst war der dritte Film aus der „Before"-Trilogie von Richard Linklaters angekündigt. Vom Unwiederbringlichen, vom Altwerden, in der FAZ gar „Vom Sterben einer Liebe“ war die Rede. So war ich pflichtbewußt auf cineastische Fortbildung eingestellt.  Weit gefehlt.


Nach ein paar gegenwartsüblichen Patchwork-Familien-Komplikationen und einem mühsam langen Gespräch bei einer spannungslosen Autofahrt läuft der Film im zweiten Teil zu einem Meisterstück paardynamischer Komödie auf. Es passiert fast nichts, es wird nur gesprochen, aber wie! Ich habe selten so schnelle,  rhetorisch scharfe und intelligente Schlagabtausche gesehen wie das, was July Delpy als Celine und Ethan Hawke als Jesse hier brillant hinlegen. Die beiden streiten sich wortmächtig, sind aber im Streit so verbunden, dass es eine Pracht ist.


Sehr gelungen finde ich, wie Linklater den pathetischen (Celine) gegen den ironischen (Jesse) Modus des Sprechens antreten läßt. Und beides wunderbar ambivalent. Sie schnaubt, er spottet. Sie geht türeschlagend und kommt eine Minute später zurück. Er toppt sie verbal, bettelt aber um ihre Zuneigung.


Jesse zeigt in Vollendung, wie ein Mann gegen die Vorwurfs-Attacken seiner Frau schön und stolz bleibt, ohne aus dem Kontakt zu gehen und ohne sie ernsthaft abzuwerten (richtiger gesagt: Selbst die Abwertungen wirken noch wertschätzend). Celina beherrscht die komplementäre Kunst, die Opfer-Position so raffiniert auszureizen, dass sie immer noch für Jesse attraktiv bleibt.


Und alles endet mit einem HappyEnd, das nicht langweilig ist, weil es nicht so aussieht wie eines.