Bettina Wulff und der Neid der Denunzianten

Die Frau des Ex-Bundespräsidenten geht juristisch gegen das Gerücht vor, sie habe in dem gearbeitet, was die Denunzianten „Rotlichtmilieu“ nennen. Sie verklagt Günther Jauch und Google, gemeint sind aber auch andere Gerüchtezuträger.


Was motiviert jemand, so nachhaltig sexuelle Rufschädigung zu betreiben? Da taucht eine attraktive lebensfrohe Frau in einem – optisch nicht so umwerfenden und auch nicht so lebensfrohen – politischen Milieu auf, das ansonsten mit Politikeraffären durchaus wegschauend tolerant umzugehen weiß,  solange der betreffende Politiker nicht angeschossen ist.


Erinnern wir uns an den Hype um das kurzzeitig als glamourös aufgebrezelte Präsidenten-Paar, der genauso bekloppt war wie das folgende niederträchtige Entdecken oder Erfinden eines „Vorlebens“. Die bereits vorher kursierenden Gerüchte nehmen erst Fahrt auf, als die Demontage von Christian Wulff bereits  in vollem Gang ist. Der unangemessenen Idealisierung folgt die unangemessene Vernichtung.


Opportunismus, Neid und sexuelle Verklemmtheit sind die Soße, aus die Expräsidenten-Gattin angespritzt wird. Sie geben einen interessanten, aber auch beklemmenden Befund über den Stand unserer sexuellen Kultur. Frühere Partner, Scheidungen, außereheliche Kinder, Affären – das geht alles durch. Aber Prostitution? Ganz unabhängig von Bettina Wulff, über die ich nicht mehr weiß, als jeder andere Zeitungsleser auch: Was wäre denn schlimm daran, wenn (irgend-)eine Frau eine Zeitlang im sexuellen Dienstleistungssektor arbeitet und später das Berufsfeld wechselt?


Aliquid semper haeret – etwas bleibt immer hängen, wußten schon die Intriganten im Alten Rom. Bettina Wulff kann die Klage vielleicht juristisch gewinnen. Ihr Image wird beschädigt bleiben. Die Denunzianten haben jetzt schon gewonnen und können sich im satten Triumph  der Selbstgerechtigkeit suhlen.