Grapschen

In der aktuellen Diskussion um die Reform des Sexualstrafrechts taucht wiederholt der Begriff des Grapschens (wahlweise auch Grabschen) auf. Ich habe keine gute Definition gefunden, was das genau ist. Es geht mir auch nicht um eine akademische Wortklauberei. Aber wenn man Grapschen unter Strafe stellen möchte, müsste schon klar sein, was das ist. Unklar ist mir, ob es Grapschen ist,


- wenn jemand es arglos meint und ohne „böse“ Absicht das Gegenüber betätschelt


- wenn jemand einen Körperteil begrapscht, den er selber als nicht intim versteht, der von der begrapschten Person aber so erlebt wird (z.B. Oberarme, Unterschenkel)


- wenn es um Grapschen in einer festen oder jedenfalls sexuell bejahten Beziehung geht, die begrapschte Person aber in einer spezifischen Situation nicht angefasst werden möchte (analog „Vergewaltigung in der Ehe“)


- wenn die begrapschte Person zunächst die Berührung zulässt und bejaht, dann nicht weiterführen möchte (erstmal Ja, dann Nein)


-  wenn die grapschende Person zunächst ungefragt eine Zustimmung vermutet, aber erst ablässt, wenn die begrapschte Person es verbal missbilligt


- wenn die grapschende Person eine Frau ist und der Begrapschte ein Mann


- wenn die begrapschte Person zwiespältig ist und sich ihr Nein nicht klar ausdrückt


- wenn grapschende Person und begrapschte Person aus einander fremden Kulturen kommen, in denen die Körpergrenzen (Grapschgrenzen) sehr unterschiedlich bewertet werden.


Eine zentrale Frage scheint mir zu sein, ob man die Absicht der grapschenden Person oder die Bewertung der begrapschten Person als Massstab nimmt. Und es ist damit zu rechnen, dass gerade in den juristisch heiklen Situationen beide Perspektiven divergieren. Die Richter sind nicht zu beneiden.