Spotlight

Ich war gespannt, wie die katholischen Autoritäten auf den Oscar für „Spotlight“ reagieren würden. Der Film beschreibt, wie eine Gruppe investigativer Journalisten des „Boston Globe“ im Jahr 2002 den massenhaften Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche nachgewiesen haben. Überzeugt hat mich dabei, wie sehr der Film deskriptiv bleibt und – gerade weil es so nahe liegt – nicht mit expliziten Empörungsbotschaften arbeitet.


Nun schreibt der Osservatore Romano, also die Vatikan-Zeitung, in ihrem gestrigen Leitartikel dass der Film keineswegs "anti-katholisch", sei. Vielmehr sei er eine "gute Erzählung" darüber, wie Kirchenvertreter die Autorität der Kirche ausnutzten, um Unschuldige zu missbrauchen. Und zu dem Appell von der Oscar-Zeremonie an Papst Franziskus: "Es gibt noch Vertrauen in die Institution und in den Papst, der die von seinem Vorgänger begonnene Reinigung fortsetzt." -


Propagandistisch klasse gemacht. Deeskalation durch moralische Vereinnahmung. Man holt die Enthüller ins eigene Boot mit dem Namen „Vertrauen“ und „Reinigung“. Die moralische Legitimität der katholischen Kirche kann man durchwinken. Aber die rhetorische List verdient zumindest intellektuellen Respekt.