Chirurgen

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie hat Historiker beauftragt, ihre Rolle bzw. die von Chirurgen im Dritten Reich zu untersuchen.


Das ist sehr schnell, denn es liegen ja erst 70 Jahre zurück, seit sich Chirurgen zu Vorreitern des Nationalsozialismus gemacht haben. Immerhin, kein lebender Chirurg muss mehr befürchten, dass seine Operationen öffentlich diskutiert werden.


Chirurgen - irgendwie ist das nicht überraschend - waren unter allen Ärztegruppen die begeistertsten Anhänger der Nazis. Das kann sicher nicht allein damit erklärt werden, dass Chirurgen generell nicht als Geistesgrößen verschrien sind. Es hat, glaube ich, auch mit einer deformation professionelle zu tun. Wer am OP-Tisch Tag für Tag in einem sozialen Kontext arbeitet, der - m.E. durchaus sachgerecht - sehr hierarchisch (nach dem Führerprinzip) organisiert ist, läuft halt Gefahr, seine Erfahrungen auch - unangemessenerweise - auf andere Kontexte zu übertragen.


Dann wird das Land eben auch wie eine Operation geführt, und die Metaphorik des Körpers auf "das Volk" übertragen, aus dem dann irgendwelche schädigenden Elemente herausgeschnitten werden müssen.


Es sind Macher, die - solange dies mit ihrem Machertum in Einklang steht - sowohl in Lambarene kleine schwarze Kinder retten können als auch in Deutschland 250.000 bis 300.000 psychische Kranke liquidieren können. Ob sie das eine oder andere tun, hängt dann von Kleinigkeiten oder Zufällen ab - wie am Beispiel von Karl Brandt, dem Leiter dieses Massenmordes ("Aktion T 4") zu sehen ist.


Alles nachzulesen in dem Historikerbericht: "Deutsche Gesellschaft für Chirurgie 1933 - 1945. Die Präsidenten" bzw. einem Artikel des Tagesspiegel vom 5. 10. 2011 "Hitlers Operateure".