Gespräch mit Rolf Arnold über Fake News, schwaches Denken und politische Bücher
Herr Professor Arnold, Sie bezeichnen Ihr neues Buch  „Ach, die Fakten! – Wider den Aufstand des schwachen Denkens“ als einen Essay. Was hat Sie zur Wahl dieses literarisch recht offenen Genres bewogen?

Rolf Arnold: Das Buch ist offen und mischt sehr unterschiedliche und ungewöhnliche – auch persönliche – Zugänge zum Thema. Essay passt da m. E. am besten. Eine geschlossene und durchkomponierte Abhandlung ist dies nicht.

Ist Ihr Essay der Versuch eines persönlichen Kommentars zur hitzigen, bisweilen diffusen, bisweilen ideologischen Debatte um den neuen Populismus, und wo verorten Sie sich dabei als Beobachter?

Rolf Arnold: Ich sehe mich als einen wissenschaftlichen Beobachter, der versucht deutlich werden zu lassen, dass Fakten häufig auch nicht das sind, wofür wir sie halten. Gleiches gilt für die Evidenzen, die auch nur zutage treten lassen, was wir zu erkennen vermögen. Wir müssen also sehr behutsam sein und uns beständig um Selbstreflexion, Validität und Verständigung über das, was der Fall ist, bemühen, weil wir die Fakten nicht ignorieren, wohl aber nur mit spitzen Fingern anfassen dürfen. Ich bin, wenn Sie so wollen, ein anwendender Erkenntnis- bzw. Beobachtungstheoretiker.

Welche Rolle spielen die Medien beim Phänomen Populismus? In Ihrem Buch scheinen sie nicht die Hauptrolle zu spielen.

Rolf Arnold: Die Medien sind Behauptungsbeschleuniger mit ungeahnten Verbreitungs- und Zugangsmöglichkeiten. Im Prinzip nichts Neues,  es gab immer schon Pamphlete, Verschwörungstheorien u. Ä.,  jetzt nur mit Turbo.

Was ist schwaches Denken?

Rolf Arnold: Schwaches Denken folgt der Tendenz, die Welt so zu sehen, wie es dem eigenen Vorurteil entspricht – ggf. mit falschen Belegen oder Lügen unterfüttert. Es ist nicht um Validierung oder selbstreflexive Klärung bemüht, es erkennt nicht, wie es wiedererkennt.

Sie sehen in schwachem Denken eine Gefahr für den Aufklärungsgedanken, der untrennbar verknüpft ist mit einer aus dem Rationalismus hergeleiteten Fortschrittsidee: In welchem Sinne macht starkes Denken zukunftsfähig?

Rolf Arnold: Starkes Denken macht zukunftsfähig, weil es nüchterne Prüfung, kritisches Denken sowie ein Denken von der möglichen Zukunft her beinhaltet, um so zu sehen, was jetzt ist und in der Zukunft möglich wäre.

Ist Ihr neues Buch ein politisches Buch?

Rolf Arnold: Das ist es eigentlich nicht, es kann aber dazu beitragen, es dem schwachen Denken schwerer zu machen, welches wir – übrigens nicht bloß bei Populisten, sondern auch bei Ideologien wie den materialistischen oder realistischen Konzepten in der Wissenschaft – beobachten können.

Das neue Buch von Rolf Arnold „Ach, die Fakten! – Wider den Aufstand des schwachen Denkens“ erscheint im März 2018. 

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