Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners

Ist Wahrheitserkenntnis möglich? Oder sind unsere Weltbilder lediglich Erfindungen? Solche Fragen stellen die Vertreter einer Erkenntnistheorie, die als Konstruktivismus Furore machte.  Sie bewegten auch den Physiker und Philosophen Heinz von Foerster und den Medienexperten Bernhard Pörksen in ihren Gesprächen, die unter dem paradoxen Titel Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners – Gespräche für Skeptiker“ im Carl-Auer Verlag erschienen sind und jetzt auch in einer tschechischen Ausgabe vorliegen.

Gemeinsam erkunden die Gesprächspartner die Grenzen unseres Erkenntnisvermögens, diskutieren die scheinbare Objektivität unserer Sinneswahrnehmung, die Folgen des Wahrheitsanspruchs und den Zusammenhang von Erkenntnis und Ethik, Sicht und Einsicht. Dabei offenbart sich ein Denken, das die Fixierung scheut und die eine, ewig gültige Antwort ablehnt.

Und immer wieder geht es in diesen mit leichter Hand formulierten Dialogen um die innere Verbindung zwischen dem faszinierenden wissenschaftlichen Werk von Foersters und seinem ungewöhnlichen und aufregenden Leben. Hinter einem fast leichtfertig anmutenden Skeptizismus gibt es Momente echter menschlicher Verbundenheit.

Auf die Frage, was etwa einem Arbeitslosen zu raten sei, der fest davon überzeugt sei, die Gesellschaft habe sich gegen ihn verschworen, antwortet von Foerster, es sei doch nur natürlich, daß dieser Mann innerlich ein Koordinatensystem aufgebaut habe, das es ihm erlaubt, den Vorgängen um ihn herum einen Sinn zuzusprechen. Es bestehe aber ein Unterschied zwischen den Sätzen  Ich verstehe deine Sicht" und  Ja, so ist es!" Der letzte Satz führt nach von Foerster in unauflösliche Aporien des Denkens. Aber er räumt auch ein, dass eine  weitere Perspektive der Betrachtung in der Frage liege: Wie kann diesem Menschen geholfen werden?" 

Carl-Auer-Literaturtipp:

Die Zeit: 
Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners, 4/98 Vorabdruck eines Auszugs
Heinz von Foerster, Bernhard Pörksen: Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners – Gespräche für Skeptiker
Rolf Arnold: „Seit wann haben Sie das? – Grundlinien eines Emotionalen Konstruktivismus“