Gedächtnis ist eine Konstruktion

Welchen Einfluss haben die Gesellschaft und die Vergangenheit aufeinander – und auf mein Gedächtnis? In ihrer langjährigen wissenschaftlichen Arbeit greift Aleida Assmann die „immer wieder neu virulenten Themen von Geschichtsvergessenheit und Erinnerungskultur auf“. Kommenden Sonntag, 14. Oktober erhält die Literaturwissenschaftlerin und Gedächtnisforscherin Prof. Dr. Aleida Assmann gemeinsam mit ihrem Mann, dem Ägyptologen und Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Dr. h.c. Jan Assmann auf der Frankfurter Buchmesse den diesjährigen Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. Aleida Assmann leistet nach Ansicht des Stiftungsrats „Aufklärung zu Fragen eines kulturellen Gedächtnisses einer Nation“.


Die Arbeit am persönlichen Gedächtnis und an der Erinnerungskultur einer Gesellschaft sind untrennbar miteinander verknüpft. In Form von ritualisiertem Gedenken durch Grabmale, Fotoalben, Kulturdenkmale, Archive, Ausstellungen, Namen von Straßen oder Plätzen oder Gedenktage wie dem Tag der Deutschen Einheit wird das Gedächtnis organisiert. Durch die Arbeit an und mit dem eigenen, „persönlichen“ Gedächtnis leistet jeder Einzelne seinen Beitrag dazu, welchen Einfluss die Gesellschaft auf dieses Gedächtnis hat.


Schon die alten Ägypter sahen Leben als einen Zustand, der nur in der Konstellation sozialer Bindungen funktioniert. So lebt man auch über den Tod hinaus, wenn man einen Namen hat und dieser genannt wird. Ob die Ägypter bei der Gründung von Facebook ihre Finger im Spiel hatten?


Wie dem auch sei, der Carl-Auer Verlag hat zu diesen spannenden Fragen der Gedächtnisarbeit zwei großartige neue Bücher im Programm.


Ilke Crone beschreibt in „Das vorige Jetzt – Familienrekonstruktion in der Praxis“ wie das therapeutische Format der Familienrekonstruktion die Vergangenheit für ein gutes Leben in Gegenwart und Zukunft neu verstehbar und nutzbar machen kann.


Bruno Hildenbrand vermittelt in „Genogrammarbeit für Fortgeschrittene – Vom Vorgegebenen zum Aufgegebenen“ neben den klassischen Ansätzen der Genogrammarbeit ein theoretisch fundiertes Vorgehen, das konsequent am Fall orientiert bleibt und zugleich hilft, den sozialen Hintergrund der Klienten zu erschließen und Ideen für alternative Entscheidungen zu liefern.