Leseprobe: Dissoziales Handeln von Kindern und Jugendlichen

In der Carl-Auer-Reihe „Störungen systemisch behandeln“ erscheint in Kürze das neue Buch von Roland Schleiffer: „Dissoziales Handeln von Kindern und Jugendlichen“. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist immer eine Herausforderung. Deviantes Handeln erfordert oft einen besonders hohen Interventionsbedarf, da es großes Leid nicht nur für andere, sondern vor allem für die Kinder und Jugendlichen selbst zur Folge hat. Zudem lehnen sie psychotherapeutische Hilfsangebote in aller Regel ab.

Diese und andere Beobachtungen führten den Autor zu einer systemtheoretisch fundierten funktionalen Analyse des Sachverhalts und eröffneten somit neue Ansätze für die therapeutische Praxis. Schleiffer fand heraus, dass die Kinder und Jugendlichen sich in der Kommunikation als nicht ausreichend sicher adressiert fühlen. Dieses selbstwerteinschränkende Problem versuchen sie zu lösen, indem sie die normativen Erwartungen der Gesellschaft systematisch enttäuschen und so ihre Adressierung rücksichtslos erzwingen.

Die Einsicht in dieses grundlegende  Kommunikationsmuster ermöglichte es Schleiffer, nach Problemlösungsstrategien Ausschau zu halten, die dissozialem Handeln funktional äquivalent sind, die aber im Vergleich dazu mit weniger Nachteilen verbunden sind.

In seiner Einleitung schildert Schleiffer folgenden Fall:

„Axel war bereits bei der Einschulungsuntersuchung aufgefallen. Die Schulärztin hatte seinerzeit bei dem Jungen die Diagnose „leichte frühkindliche Hirnschädigung“ gestellt. Diese Diagnose stützte sich auf die Anamnese, die durch eine Risikoschwangerschaft, eine vorzeitige Geburtseinleitung und eine in der Neugeborenenzeit notwendig gewordene Intensivbehandlung belastet war, sowie auf Symptome einer zentralen Koordinationsstörung, einer Störung der visuellen Wahrnehmung und der visuomotorischen Koordination wie auf eine deutliche Verminderung der Konzentrations- und Merkfähigkeit. Der Junge wurde in den folgenden Jahren regelmäßig schulärztlich und sozialpädagogisch betreut.

Im 2. Grundschuljahr wurde ein Sonderschulaufnahmeverfahren in Gang gesetzt. Axel wurde daraufhin wegen „erheblicher Verhaltensstörungen, neurogener Teilleistungsschwächen und generalisierter Lernstörung“ in die Sonderschule für Erziehungshilfe umgeschult. Bei der seinerzeit durchgeführten psychologischen Untersuchung erreichte der Junge im Intelligenztest ein insgesamt unterdurchschnittliches Ergebnis. Seine sprachfreie Intelligenz wurde als knapp durchschnittlich eingeschätzt. Er zeigte besondere Schwächen im Bereich des rechnerischen Denkens, beim Kurzzeitgedächtnis, im Bereich der praktischen Urteilsfähigkeit und bei der visuomotorischen Koordination. Es habe eine Artikulationsstörung bestanden. Axels deutliche emotionale Unausgeglichenheit und seine geringe Frustrationstoleranz wurden damals durch die schwierige familiäre Situation“ erklärt.“

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Carl-Auer-Literaturhinweise:
Roland Schleiffer:  „Dissoziales Handeln von Kindern und Jugendlichen“
Michael Buscher, Klaus Hennicke: „Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit Intelligenzminderung“