Müssen Hamster denn immer hamstern?

Die Autorin von „Der kleine Hamster will nicht hamstern“, Anne Hassel, im Interview über ihre Inspirationsquellen, knuddelige Tiere, die Bedeutung des Teilens und kindgerechte Zeichnungen.


Liebe Anne Hassel, Sie sind seit über 25 Jahren Autorin. Ursprünglich haben Sie etwas ganz anderes gelernt, Sie waren Erzieherin. Wie kamen Sie dann zum kreativen Schreiben?


AH: Ich habe schon immer gerne gelesen und kleine Geschichten geschrieben. Dann beteiligte ich mich an einem Schreibwettbewerb, meine Geschichte erhielt einen Preis und ab diesem Zeitpunkt wurde ich zur „Schreibtischtäterin“.


Apropos „Schreibtischtäterin“ – Sie schreiben auch Krimis. Woher nehmen Sie da die Inspiration und die Ideen? Und wie unterscheidet sich das Schreiben einer Kindergeschichte von dem eines Mordes?


AH: Manchmal muss ich einfach morden ... Es gibt viele Inspirationen – z. B. unliebsame Mitmenschen, die man einfach gerne „um die Ecke“ bringen würde. Und wie könnte man das besser – ohne dafür ins Gefängnis gehen zu müssen – als in schriftlicher Form? Ich morde übrigens immer ganz friedlich, also nicht gemein oder hinterhältig – denke ich zumindest! Beim Schreiben für Kinder versuche ich immer, mich ganz in das kindliche Denken und Fühlen hineinzuversetzen. Sie werden häufig von Buchläden oder Grundschulen zu Lesungen eingeladen. Aktuell geht das ja leider nicht so gut und wir überlegen, was wir auf die Beine stellen.


Generelle Frage: Was sind Ihre Erfahrungen, wenn Sie mit Kindern zusammenkommen und mit Ihnen gemeinsam lesen und über Ihre Bücher sprechen?


AH: Meine Erfahrungen bei Lesungen sind sehr positiv. Kinder können leicht begeistert werden, sie sind neugierig und stellen häufig wunderbare Fragen. Aber sie sind auch kritische Zuhörer, die Geschichten sollten ihnen also gefallen. Ich bedaure daher sehr, dass zurzeit keine Lesungen möglich sind. Deswegen habe ich mir etwas überlegt! Ich lade Kinder dazu ein, sich selbst eine Geschichte auszudenken, aufzuschreiben und mir zu schicken. Bitte per E-Mail an annehassel@gmx.de. Ich lese alles und antworte gerne. Zu jedem Ihrer Bücher gibt es auf antolin.de ein Quiz – bis zu 1.600 Kinder beantworten dort die elf Quizfragen. Auch „Der kleine Hamster will nicht hamstern“ wird dort als Quiz auftauchen.


Haben Sie sich schon knifflige Fragen überlegt?


AH: Natürlich gibt es ein Quiz zum Hamsterbuch! Einfach hier klicken. Ich wünsche viel Spaß beim Beantworten!


Das Buch „Der kleine Hamster will nicht hamstern“ erscheint ja jetzt. Als Sie mit uns zum ersten Mal über die Idee sprachen, wurde gerade Corona ein Thema in Deutschland. Kurz danach wurde über Quarantäne-Maßnahmen diskutiert und wir alle können uns noch sehr gut an die Zeit erinnern, als überall über Hamsterkäufe und ausverkauftes Klopapier gesprochen wurde. Wie kamen Sie auf die Idee zum Titel und Thema des Buches? Hatten die Hamsterkäufe denn tatsächlich damit etwas zu tun oder war das Zufall?


AH: Wir leben aktuell in einer Zeit, die für uns alle ungewöhnlich ist und die Berichte darüber, dass die Menschen bestimmte Artikel gehamstert haben, haben mich genauso zum Schreiben des Textes inspiriert wie die niedlichen Tiere, die ich einfach knuddelig finde. Aber es geht in dem Text ja nicht nur um das Hamstern, obwohl der große Hamster ganz darauf fixiert ist. Es geht auch um das Teilen, um anderen zu helfen, und darum, dass Zusammenhalten etwas Schönes ist. Der kleine Hamster gibt gerne ohne eigene Erwartungshaltung etwas von seinen Vorräten ab und siehe da, es sind dann die anderen Tiere da, als die beiden Hamster Hilfe benötigen.


Die Geschichte der beiden Hamster – einer ist groß, der andere klein – ist sehr entzückend und hat zudem eine Botschaft. Fassen Sie doch bitte kurz den Inhalt zusammen, worum geht’s im Hamster-Buch?


AH: Der große und der kleine Hamster wohnen in einem unterirdischen Bau nahe bei den Weizen- und Maisfeldern. Von Frühjahr bis Herbst sind sie unterwegs und hamstern alles was sie brauchen können. Das stapeln sie in ihrer Vorratskammer. Der große Hamster sagt immer: „Hamster müssen hamstern, sonst sind es keine Hamster!“ und so handelt er auch. Der kleine Hamster sammelt ebenso, aber als ihn Familie Maus um Körner bittet, gibt er ihnen von seinen Vorräten ab. Herr Dachs hat ebenfalls Hunger, denn auf dem Feld ist kein einziges Korn mehr zu finden. Der große Hamster ist nicht begeistert, als der kleine abermals von den Vorräten etwas verschenkt. Die ersten Blätter fallen bereits von den Bäumen, als die beiden Hamster zum letzten Mal zum Sammeln aufbrechen. Doch welch ein Schreck! Als sie zu ihrem Bau zurückkehren, ist der Eingang verschüttet! Zum Glück gibt es die Mäusefamilie und Herrn Dachs, die helfen, den Eingang wieder freizuschaufeln.


Das Teilen stellt ja für viele Kinder insbesondere im Kita-Alter eine große Herausforderung dar. Das Buch könnte dabei als Hilfestellung dienen, den Kleinen zu zeigen, das Hamstern und Horten manchmal einsam machen und Teilen Freude bereitet und Freundschaften guttut. Sehen Sie das auch so?


AH: Ja, das sehe ich ebenso. Vielleicht wird das eine oder andere Kind durch die Geschichte der beiden Hamster zum Teilen und zur Hilfsbereitschaft angeregt. Das wäre doch toll! Gesprächsstoff bietet es auf alle Fälle.


Die Darstellungen der Hamster, der gesammelten Pflanzen, des Dachs‘ und der Mäuse ist sehr liebevoll und in freundlichen Farben gestaltet. Die junge Illustratorin Eva Künzel ist auch in dem bei uns demnächst erscheinenden Buch „Lisa und das NEIN“ ihre Partnerin. Wie groß ist Ihr Einfluss als Autorin auf die Bildsprache eines Bilderbuches, wie muss man sich da die Zusammenarbeit vorstellen?


AH: Mit Eva Künzel arbeite ich schon längere Zeit zusammen. Es macht großen Spaß mit ihr und ich kann es kaum abwarten, wenn wir ein Projekt anfangen und ich die ersten Illustrationen sehen darf. Eva zeichnet so liebevoll und es sind immer viele Kleinigkeiten auf den Bildern zu finden. Bei Lesungen habe ich meisten ein Bilderbuchkino dabei und es macht so Spaß, wenn die Kinder dann diese Dinge entdecken. Ich denke, Eva und ich ergänzen uns und ich freue mich schon auf weitere Projekte mit ihr. Übrigens – wenn Eva etwas am Text nicht gefallen würde, dürfte sie es natürlich sagen und ich genauso bei den Bildern. Schließlich ist so ein Buch ja unser gemeinsames Projekt.


Neben einer gut erzählten Geschichte sind gerade für kleine Menschen, die noch nicht lesen können oder auch als LeserIn lieber noch vorgelesen bekommen, die Illustrationen besonders wichtig. Auf was achten Sie bei der Auswahl des Themas, wie wichtig ist für Sie die Bildsprache eines guten Bilderbuches?


AH: Bei Bilderbüchern sind die Illustrationen enorm wichtig. Für mich müssen bei einem Bilderbuch die Zeichnungen kindgerecht sein und nicht ausgerichtet auf die Ansprüche und den Geschmack von Erwachsenen.