autobahnuniversität / Matthias Varga von Kibéd - Die theoretischen Grundlagen systemischen Denkens

Matthias Varga von Kibéd, der am 27. Oktober dieses Jahres seinen 70. Geburtstag begehen konnte, ist nicht nur einer der bedeutendsten Wissenschaftstheoretiker im Feld logischer Grundlagenforschung und systemischer Theoriebildung. Er hat – gemeinsam mit Insa Sparrer – auf der Basis sorgfältiger theoretischer und strukturlogischer Arbeit die Systemischen Strukturaufstellungen erfunden, ständig weiterentwickelt und in zahlreiche Praxisfelder hinein angewendet. Von Kibéd zu Folge sind Strukturaufstellungen zu verstehen wie eine lebende Sprache, die nicht einem Idealzustand entgegenstrebt, sondern non-direktional, entwicklungsoffen und in sich ständig neu entwickelnden Kontexten verwendet und verwandelt wird.


In der hier von der Autobahnuniversität dokumentierten Vorlesung und Präsentation aus dem Jahr 1996 bietet Matthias Varga von Kibéd zunächst eine Einführung in wichtige theoretische Grundlagen systemischen Denkens, wie sie von Gregory Bateson, Paul Watzlawick und der sog. Palo-Alto-Gruppe entwickelt wurden. Sein Hauptaugenmerk gilt dabei denjenigen theoretischen Zugängen, die bedeutende Impulse für eine an diesen Theorien orientierte Praxis gaben, an der sich ihre Nützlichkeit bewähren konnte; beispielsweise Familientherapie und systemische Therapie. Denken, so Varga von Kibéd, spielt sich nicht in Einzelnen ab, sondern in bzw. bezogen auf Kommunikation. Systemisches Denken löse sich vom Fokus auf einzelne Objekte oder Elemente und fokussiert die Aufmerksamkeit auf Formen, deren Bildung, auf Interaktionen und Muster von Interaktionen, auf Zusammenhänge und Prozesse. Zugleich wird die Rolle des Beobachtens und der Beobachter reflektiert im Sinne der Kybernetik 2. Ordnung (Die Beobachtung des Beobachters). Damit löst sich die scheinbare Notwendigkeit, starre Eigenschaften zuzuschreiben, in Richtung auf Eigenschaftswahrnehmungen generierende Prozesse und deren Fluidität (sowohl der Prozesse als der daraus generierten Eigenschaften des Beobachteten).


Das hat bedeutende praktische Auswirkungen im Hinblick auf das, was therapeutischen und beraterischen Erfolg ausmacht, und darauf, wer letztlich entscheidet, ob dieser eintritt oder nicht eintritt. Im dritten Teil arbeitet Matthias Varga von Kibéd praktisch mit Strukturaufstellungen. Diese sind im Rahmen einer Audio-Dokumentation natürlich nicht zu sehen. Die den Vortragenden auszeichnende präzise Diktion und seine konzentrierte Bezogenheit, sowohl auf die Zuhörenden wie auf die komplexen thematischen Zusammenhänge, macht diese Aufnahme allerdings sehr hörenswert. Sie sind – auch in ihrer über kurze Strecken etwas mehr Aufmerksamkeit fordernden Audioqualität – ein echtes Zeitdokument, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Ganz im Gegenteil ….


Matthias Varga von Kibéd, geb. 1950, Mathematiker und Philosoph, Professor für Logik und Wissenschaftstheorie an der Universität München. Professuren in Wien, Ljubljana, Graz, Konstanz, Maribor und Tübingen. Gemeinsam mit Insa Sparrer Gründer des SySt-Institut.


Beim Mund-Nasen-Schutz bleiben die Ohren frei! Also: Ob im Auto oder mit der Maske in der großen weiten Welt: Kopfhörer auf und Autobahnuniversität hören! Jeder Stau bringt Sie weiter …