autobahnuniversität / Humberto Maturana Scientific Explanations: Virtual Realities or Daily Life?

„Ohne Humberto Maturana keine Luhmannsche Systemtheorie.“ (Fritz B. Simon)


Der chilenische Biologe, Wissenschaftstheoretiker und Philosoph Humberto R. Maturana hat die traditionellen Gewissheiten unseres Denkens, Forschens und Handelns radikal in Frage und in neue Kontexte gestellt – und damit auch Therapie, Beratung und Medizin revolutioniert. Er ist der Erfinder der Figur der Autopoiese.


Von der Abhängigkeit der Erkenntnis vom Prozess des Beobachtens über den vermeintlichen Zusammenhang von Ursache und Wirkung bis zu den scheinbar festgelegten Grenzen von Realität: Maturana stellte all dies auf den Prüfstand – und schuf mit der aus empirischen Befunden hergeleiteten Definition lebender Systeme als autopoietische Systeme eine neue Grundlage modernen systemtheoretischen Denkens.


Humberto Maturana stellt in den 1996 in vier Teilen aufgenommenen Kongress-Beiträgen die Frage wissenschaftlicher Forschung und Erklärung konsequent in den Zusammenhang des Verstehens des alltäglichen Lebens (“explaning daily life“). Auf Karl Poppers Falsifikationskriterium kommt es zunächst nicht an, wo der wissenschaftlichen Tätigkeit eine vom Prozess der Beobachtung, Unterscheidung und Wahrnehmung ausgehende Grundlage gegeben wird. Die Begriffe der Objektivität, Fähigkeit, Akzeptanz von Urteilen und Erklärungen werden genauso einer eingehenden Prüfung unterzogen wie die Frage nach Illusion, Irrtum und Lüge.


Maturanas Bonmot über unser Ekrlärungsbedürfnis und das, was es beruhigen kann („Explanations are pacifiers“ / Erklärungen sind Schnuller) wird hier an einigen Beispielen erlebbar.


Der große internationale Kongress der Internationalen Gesellschaft für systemische Therapie (IGST) Science/Fiction: „Fundamentalismus und Beliebigkeit in Wissenschaft und Therapie“ fand im Mai 1996 in der Heidelberger Stadthalle statt. Es gab große Konflikte, Drohungen und Demonstrationen vor der Stadthalle wegen der geplanten Teilnahme des damals sehr umstrittenen australischen Ethikers Peter Singer. Die Story-Dealer lösten das Problem auf ihre Weise. Aber das ist eine andere Geschichte …


Der Kongress versammelte, wie die anderen großen und bedeutenden Heidelberger Kongresse Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre davor, großartige Referentinnen und Referenten, die für radikal neue Forschungs- und Praxisansätze stehen und Unterschiede eingeführt haben, die sich in den vergangenen 30 Jahren immens weiterentwickelt und praktisch sehr bewährt haben. Beim Kongress dabei waren neben Humberto Maturana auch Margaret Singer, Marianne Krüll, Niklas Luhmann, Luc Ciompi, Camillo Loriedo, Rosmarie Welter-Enderlin, Jürg Willi, Wolfgang Welsch, Evan Imber-Black, Gianni Vattimo, Rüdiger Safranski, Fritz B. Simon, Arnold Retzer, Gunther Schmidt, Zygmunt Bauman, Gerhard Roth, Hermann Lübbe, Hans-Georg Gadamer und viele weitere. Und auch die autobahn-universität war glücklicherweise wieder vor Ort.


Zugleich brachte auch dieser Kongress über seine Teilnehmerinnen und Teilnehmer wieder Menschen aus den verschiedensten Professionen und Disziplinen, die sich sonst wohl nie begegnet wären, in einen spannenden und ideentreibenden Austausch. Er machte unwahrscheinliche Kommunikation wahrscheinlicher. Eine Tradition, die in der Kongressreihe Reden reicht nicht!? der Carl-Auer Akademie und ihrer Partner Michael Bohne, Bernhard Trenkle und Gunther Schmidt in den Jahren 2014, 2016 und 2019 (und 2022) eine Wiederaufnahme gefunden hat.



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