Große Gesellschaft und kleine Gemeinschaften

Soziale Arbeit agiert zwischen der großen Gesellschaft und den kleinen Gemeinschaften. Und sie muss sich davor hüten, diese beiden sozialen Kontexte mit sehr unterschiedlichen Regeln miteinander zu vermischen; sie sollte den einen Kontext nicht mit dem anderen verwechseln.


Mit der großen Gesellschaft ist die Welt des Geldes, also der Bereich der Erwerbsarbeit und Wirtschaft gemeint, aber auch die Massenmedien, die Politik, das Recht oder die Wissenschaft. An der großen Gesellschaft partizipieren wir als Spieler/innen unterschiedlicher Rollen (als Arbeitskräfte, als Konsumenten, als Wähler etc.) nur mit Teilaspekten unserer Persönlichkeit. Die kleinen Gemeinschaften, wie Familien und Freundschaften, binden uns demgegenüber potentiell mit unserer gesamten Persönlichkeit ein. Für die sozialen Kreise der großen Gesellschaft sind wir austauschbar, in den kleinen Gemeinschaften jedoch sind wir höchstpersönlich gemeint, nicht ersetzbar. In die große Gesellschaft bzw. in die unterschiedlichen Systeme, die die große Gesellschaft prägen, inkludieren wir. Die kleinen Gemeinschaften jedoch integrieren uns.


Nicht nur die Reflexionen der Soziale Arbeit, sondern auch viele politische Diskurse sind durchzogen von Verwechslungen dieser Sphären. So geht es etwa hinsichtlich von Geflüchteten nicht in erster Linie um Integration, sondern um Inklusion, etwa in die Wirtschaft, das Rechtssystem, das Bildungssystem etc. Integriert sind die Menschen bereits, etwa in ihre Familien, Freundes- und Bekanntenkreise. Integration ist Privatsache, während Inklusion als eine öffentliche Angelegenheit bewertet werden kann.


Die Soziale Arbeit als System der großen Gesellschaft hat auch die kleinen Gemeinschaften im Blick, versucht diese zu unterstützen, kann sie jedoch mit ihren Leistungen nicht kompensieren oder gar ersetzen. Sozialarbeiter/innen als Professionelle in ihrer Berufsrolle können Inklusion, aber keine Integration bieten, können diese bestenfalls durch jene stärken, aber eben nicht an die Stelle privater Beziehungen treten.


Denn Soziale Arbeit geht mit einem ethischen Verbot lebensweltlicher Gegenseitigkeit einher: Die professionellen Helfer/innen geben zwar Hilfe, dürfen dies jedoch im Gegenzug von den Nutzerinnen und Nutzern ihrer Dienste nicht erwarten. Diese sind befreit von derartiger Reziprozität, die jedoch die Lebenswelten, die kleinen Gemeinschaften erst zu Solidargemeinschaften macht. Daher sollte das (ethische, fachliche und rechtliche) Basisziel der Sozialen Arbeit bezüglich der Lebenswelten immer darin bestehen, dass dort, wo Soziale Arbeit (zeitweilige) Inklusion geboten hat, sich wieder lebensweltliche Integration entfalten kann.