Was ist der Fall, und was steckt dahinter? Oder: Der Fall der Mauer – ist da was?

Morgen jährt sich zum 35. Mal der Tag, an dem, wie man so sagt, „die Mauer fiel“. Heute wird dazu im Bundestag debattiert. Angesichts der aktuellen stürmischen Ereignisse darf man gespannt sein.


Es war ja allerdings zunächst so, dass am 9. November 1989 Grenzposten die Schranken öffneten und Menschen Wege gehen konnten, die zuvor so schlicht nicht gangbar waren – allenfalls um den Preis tödlicher Gefahr. Und die Mauer fiel ja auch nicht, sondern sie wurde zuerst geöffnet, dann bestiegen und weggepickelt, schließlich – bis auf Erinnerungsreste – ganz abgetragen.


Am 30. Jahrestag dieser historisch so bedeutsamen Ereignisse fand in Naumburg eine sehr gut besuchte Tagung statt, die alle, die daran teilnahmen, noch in den Knochen, Hirnen und Herzen haben und zu der es ein beeindruckendes Buch gibt: Vom Träumen und Aufwachen. socialnet.de schreibt dazu: „Ein wirklich lesenswertes Buch mit Beiträgen, Foren und Interviews über mehr als die Reflexivität der nunmehr über 30 Jahre zurückliegenden Zusammenführung von Ost- und Westdeutschland. Darin enthalten sind Denkanstöße, Erzählungen und inspirierende methodische Zugänge.“


Von Tagungen geht – meistens – keine weltpolitische Wirkung aus. Diese Tagung in Naumburg hatte aber Besonderheiten. Nicht nur haben sich zum ersten Mal die Verbände Deutsche Gesellschaft für Systemaufstellungen DGfS (als Veranstaltende), die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF), die Systemische Gesellschaft (SG), die Deutsche Gesellschaft für Supervision (DGSv) und die Deutsche Gesellschaft für systemische Pädagogik (DGsP) gemeinsam zur Unterstützung einer Tagung und zur Präsenz vor Ort entschieden. Die Tagung hatte eine besondere Atmosphäre. Man könnte sagen: eine professionelle, experimentelle und vor allen Dingen eine erzählende Atmosphäre. Sowohl in den Vorträgen und Foren wie auch in den Workshops, und ganz eindrücklich in den Pausen, fanden Sprache, Konzepte, performative Kunst, Systemaufstellungen und ganz direkte persönliche Begegnung im Gespräch Raum, um für jeden an einzelnen Geschichten, Ideen und Ausführungen erfahrbar machen zu können: So hab ich das noch nie gesehen ...


In dem im pandemischen Jahr 2022 erschienenen Buch Vom Träumen und Aufwachen ist nicht nur die Tagung dokumentiert, sondern auch die Zeit davor und danach. Dies findet Ausdruck in beeindruckenden und auch berührenden Beiträgen, die es wert sind, immer wieder gelesen und reflektiert zu werden. Mit einem stets frischen Blick, der jetzt von den derzeitigen aufwühlenden Prozesse der vergangenen Tage und den Aussichten auf das was kommt bebrillt ist, lässt sich bei der Lektüre noch einmal erfahren, welche Chancen in dem liegen, was geschieht – und welche Gefahren. Träumen und aufwachen. Oder aufwachen, bevor es zu spät ist zum Träumen ...