Weil es funktioniert

„Weil es funktioniert“, antworte ich lapidar auf die Frage, warum man sich eigentlich mit der hypnosoziale Systemik beschäftigen solle oder könne. Und das setzt mich neuen Fragen aus.
Zum einen erkundigt sich eine Fachkollegin, ob das nicht vermessen sei. Andrerseits fragen sich meine Studierenden, ob der hypnosoziale Weg dann der richtige sei. Und ein Theoretiker möchte wissen, was dies nun für die Theorie Sozialer Arbeit bedeute – ob diese „un“funktional sei.


„Unser Weg ist ein anderer, aber kein besserer“ schreibt Neale Donald Walsh in dem Buch „Wenn sich alles verändert, verändere dich selbst“. Das ist ein sehr passender Leitsatz für den Blog. Ich möchte diesen allen weiteren Ausführungen voranstellen.


Zuerst einmal. Ja, es funktioniert. Nichts, wovon ich schreibe, ist nicht in der Praxis entstanden oder zumindest erprobt worden. Sämtliche Inhalte stammen aus meinem „Forschungslabor“ der Berufstätigkeit in Lehre, Fachtätigkeit und Supervision in der Sozialen Arbeit. Von daher wage ich mutig die Behauptung, dass es funktioniere.


Zur ersten Frage der Vermessenheit möchte ich antworten: Wenn ich von mir behaupten würde, nur der hypnosoziale Weg funktioniere, dann wäre ich vermessen. Ich kann aber ermessen, dass er funktioniert. Ausnahmen bestätigen hierbei die Regel, möchte ich spielerisch hinzufügen. Kein Konzept mag von sich behaupten, für alle Bereiche immer passend zu sein. Dennoch kann ein universalistischer Anspruch theoretisch und methodisch wertvoll sein.
Was aber heißt funktionieren?
Er ist funktional in Bezug auf den Zweck, wofür er verwendet wird.


Über die hypnosoziale Systemik zu schreiben bedeutet für mich nicht, eine Flagge zu schwingen. Position zu beziehen. Stellung zu nehmen. Oder was mir sonst noch für kreuzfahrerisches Vokabular einfiele.
Wer das möchte, kann sich gerne die Frage nach der Vermessenheit stellen.
Der Blog verfolgt eine Mission, ist aber keine Missionierung. Ein feiner Unterschied.


Funktionalität bedeutet: Es ist ein Mittel zum Zweck.
Gunther Schmidt leitet sehr gerne Gespräche mit ungefähr dieser Phrase ein: „Unser heutiges Gespräch ist ein Mittel zu einem Zweck. Sehr gerne möchte ich erfragen, zu welchen Zweck das Gespräch heute Mittel sein darf“.


Kehren wir zu den Ausgangsfragen zurück.
Anstatt nach Vermessenheit zu fragen, wäre es meines Erachtens interessanter danach zu schauen, was der Zweck sein könnte. Was ist der Zweck dieses Blog? Welchen Zweck kann er für mich erfüllen? Für Sie?


Gehen wir einen Schritt weiter.
Die Studierenden fragen nach richtig und falsch. Ein dichotomer Ansatz.
Paradox könnte ich antworten: „Der Blog ist sowohl richtig als auch falsch.“ Und damit würde ich von einer Wahrheit sprechen, denn manche empfinden ihn als richtig und manche als falsch.
Aber mir geht es nicht um Empfindung. Und nicht um Bewertung. Schon gar nicht postuliere ich eine endgültige Wahrheit. Paul Watzlawick stehe mir bei…
Ich könnte antworten: „Der Blog ist weder richtig noch falsch.“ Hm, interessant. Was dann?
Das ist kein moralischer Blog. Es ist ein methodischer Blog.


Ich möchte auf keinen Fall mich dazu aufschwingen, etwas als richtig oder falsch zu deklarieren. Wer gäbe mir das Recht dazu? Worin bestünde meine Definitionsmacht? Und von wem bekäme ich diese verliehen? Es ist zudem vollkommen unerheblich, weil die Bewertung darüber aus einer vollkommen andren Haltung und Absicht stammt als die des Blog.


Die Frage nach richtig und falsch führt meines Erachtens in die Irre – ins Dickicht. Zum Thema Dickicht müssen wir dringend uns im nächsten Beitrag unterhalten.


Kommen wir auf die theoretischen Implikationen zu sprechen. Nein, ich wage nicht zu behaupten, dass die Theorie der Sozialen Arbeit „un“funktional sei. Vielmehr möchte ich dem Theoretiker antworten: Die Theorie Sozialer Arbeit verfolgt – meines Erachtens – einen andren Zweck als mein Blog. Der Blog wird die Theorie nicht verändern, womöglich ergänzen. Die Theorie – falls diese überhaupt als eine Akteurin einheitlicher Natur ausgemacht werden könnte – wird in Teilen Ideen aufnehmen, verarbeiten und wiedergeben. Das wäre aus meiner Sicht begrüßenswert. Der Blog dient aber weder dem Bestätigen oder Widersprechen vorhandener Theorie. Die Hypnosoziale Systemik ist multiperspektivisch und theorienintegrativ. Aber das ist kein theoretischer Blog. Er ist ein methodischer. Das primäre Interesse besteht nicht in der Schaffung neuer Theorie, sondern in einem methodischen Brückenschlag.


Was meine ich damit?


Heiko Kleve unterscheidet im Systemischen Case Management zwischen der Disziplin und der Profession der Sozialen Arbeit, also zwischen Theorie und Praxis. Das eine dient der Forschung und der Lehre und ist allgemein an Sozialer Arbeit interessiert. Das andre widmet sich der Umsetzung in den Einrichtungen und Organisationen und ist konkret an Sozialer Arbeit interessiert. Weiter, so Kleve, werden diese beiden Elemente von den Methoden der Sozialen Arbeit verbunden.
Ein methodischer Blog bezieht sich nicht nur auf Theorie, nicht nur auf Praxis. Er verbindet. Er versucht Antworten auf das sogenannte „Praxis-Theorie-Dilemma“ zu geben, das Peter Lüssi in dessen Werk zur Systemischen Sozialen Arbeit beschreibt.
Ich könnte auch ergänzen: Dieser Blog bezieht sich auf Theorie, nicht nur aus der Sozialen Arbeit. Er bezieht sich auf Praxis, nicht nur aus der Sozialen Arbeit. Er diskutiert und reflektiert auf einer methodischen Ebene die Umsetzung hypnosystemischer Impulse für die Soziale Arbeit.


Ich bin für diese Fragen sehr dankbar, denn sie werfen Licht auf eine weitere Facette dieses Projekts.


Der nächste Beitrag wird „Vom Dickicht ins Krähennest“ heißen und unter anderem die Frage beantworten, was die Hypnosoziale Systemik von Niklas Luhmann lernen kann.


Literaturhinweise


Kleve, H. (2018): Methodische Grundlage Sozialer Arbeit. Eine fragmentarische Skizze. In: Kleve, Heiko u. B. Haye u. A. Hampe u. M .Müller (Hrsg.): (Hrsg.): Systemisches Case Management. Fallein-schätzung und Hilfeplanung in der Sozialen Arbeit. Heidelberg (Carl Auer). S. 16 – 40.


Lüssi, P. (2008): Systemische Sozialarbeit: Praktisches Lehrbuch der Sozialberatung. Bern (Haupt). 6. Auflage.


Walsh, N. D. (2010): Wenn alles sich verändert, verändere alles. Inneren Frieden finden in schwierigen Zeiten. München (Arkana). 2. Auflage