Teamarbeit
engl. teamwork, franz. travail m d’équipe. Es gibt viele Auffassungen darüber, was Teamarbeit ist, was sie auszeichnet und wie sie zu sein hat, damit sie als solche bezeichnet werden kann. Zurückzuführen ist diese Vielfalt auf die unterschiedlichen Bedeutungsvarianten, die vor allem der Begriffsbestandteil »Team« seit den 70er-Jahren erfahren hat, während er sich zu einem Modewort und Sammelbegriff entwickelte. Ursprünglich fand der aus dem Englischen stammende Begriff »Team« im Zusammenhang mit → Gruppen von jungen, gleichartigen Tieren Verwendung, später für Gespanne von Zugtieren. Im 19. Jh. wurde er auf Gruppen von Menschen übertragen, die für die Erfüllung eines speziellen Zwecks »eingespannt« oder »zusammengespannt« wurden (vgl. Pohl u. Witt 2000). Teamarbeit kann heute allgemein bezeichnet werden
»als gemeinsame, zielorientierte Aktivitäten einer institutionalisierten Arbeitsgruppe, die in organisierter und koordinierter Form sowie in kooperativer Vorgehensweise möglichst effizient ein von allen akzeptiertes Leistungsziel zu erreichen sucht« (Rosenstiel u. Comelli 2003).
Bei systemischen (→ System) Ansätzen geht es unter anderem darum, Strukturen und → Beziehungen, nach denen → Sozialsysteme funktionieren, begreifbar zu machen. Unter diesem Gesichtspunkt lohnt sich ein Blick auf die für das Begriffsverständnis zentrale Differenzierung zwischen Teams und Gruppen.
Während Menschen in Gruppen funktional zusammenarbeiten, die verschiedenen Aufgaben klar geregelt und den Einzelnen im Hinblick auf Prozess und Ziel zugeordnet sind, erfolgt die Zusammenarbeit in Teams zielorientiert, indem die Mitglieder ihre Arbeit selbst planen, organisieren, durchführen, kontrollieren und verantworten (vgl. Osterhold et al. 2009; → Beratung). Gewisse Erkenntnisse aus der Chaosforschung (→ Forschung) und Systemtheorie, die Hinweise auf die → Selbstorganisation in komplexen (→ Komplexität) Systemen geben, sind auf Teamarbeit übertragbar. Danach haben Teams die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren und eine spontane Ordnung zu bilden bzw. eine höhere Stufe ihrer Effizienz und Effektivität zu erreichen. Chaos und Ordnung stehen insofern in einer dynamischen Beziehung, als die Systemteile eines offenen Systems auf Unsicherheit und Komplexität mit eigener Strukturbildung reagieren und sich damit eine neue Ordnung und Übersichtlichkeit verschaffen. Indem sich Teams auf diese Weise selbst organisieren, gelingt es ihnen, Unordnung in Ordnung zu transformieren. Formal gesehen, sind Teams organisatorische Einheiten. Ihrer Bestimmung und ihrem Wesen nach gestalten sie sich jedoch relativ informell, sodass sich in der Teamarbeit letztlich sowohl formale als auch nichtformale Aspekte durchmischen. Das sich überlappende, schwer zu operationalisierende Begriffsverständnis bezüglich Team und Gruppe findet in diesem wesentlichen Punkt des Grades an Selbstorganisation seine Auflösung. Teams verfügen über ein wesentlich höheres Maß an Entscheidungsfähigkeit, an Verantwortung für den Gesamtprozess, an Freiheit in der → Lösungssuche, in der Durchführung der Kontrolle und in der Möglichkeit, sich über Rückkopplungen (→ Kopplung) selbst zu verbessern. Im Idealfall folgt Teamarbeit der Maxime: »Das Ganze ist nicht nur mehr, sondern etwas anderes als die Summe seiner Teile« (Forster 1982). Dabei tritt an die Stelle eines summativen Nebeneinanders des Verhaltens und der Leistung der Einzelnen das potenzierte Resultat des integrativen und synergetischen Zusammenwirkens des Teams. In der Literatur scheint es eine gewisse Übereinstimmung darin zu geben, dass die Selbstorganisation das wesentliche Element erfolgreicher Teams markiert. Ihr wird infolge der Verlagerung von Verantwortung auf die Teammitglieder eine Motivations- bzw. seitens der → Führung eine Entlastungsfunktion (→ Funktion) zugesprochen. Darüber hinaus wird die Arbeit in selbstorganisierten Teams zunehmend als Schlüssel zu mehr → Agilität und Problemlösefähigkeit einer → Organisation angesichts wachsender Marktdynamik und -komplexität angesehen.
Die formale Bildung von Teams ist nicht gleichbedeutend damit, dass Teamarbeit tatsächlich geleistet wird. Vielmehr kommt es darauf an, die Zusammenarbeit in einem individuellen (→ Individuum) und kollektiven Prozess zu lernen und zu organisieren, Antworten auf strukturelle, fachlich-inhaltliche und soziale Fragen zu finden und damit dafür zu sorgen, dass Teams nicht nur nach außen bestehen, sondern auch im Innenverhältnis die notwendigen Strukturen etablieren können. Der Prozess der Selbstorganisation und Selbststeuerung in Teams erfolgt über die Festlegung von Aufträgen, Ergebnissen, Rahmenbedingungen und Meilensteinen. Im Zusammenspiel zwischen Führung und Team sind bezüglich der Aufgaben, Anforderungen und des angestrebten Resultats Klarheit und ein gemeinsames Verständnis herbeizuführen, Vorstellungen sind abzugleichen, Commitments zu vereinbaren, Verantwortung ist zu übertragen bzw. zu übernehmen. Liefer-, innovations- und lernfähig sind jene Teams, die in der Lage sind, die Ergebnisse zu erbringen, die ihre → Auftraggeber abnehmen, die kontinuierlich bessere Lösungen (er)finden und diese kontextbezogen (→ Kontext) realisieren (vgl. ebd.). Da Ergebnisse und die Qualität von Teamarbeit vor allem durch die Teamstruktur und -kultur (→ Kultur) beeinflusst werden, kann als zielführend erachtet werden, Teams aktiv an deren Gestaltung mitwirken zu lassen. Da sich Teamarbeit zudem im Spannungsfeld von → Autonomie und Gemeinschaft vollzieht, impliziert dies einen flexiblen, situativen Umgang mit Unterschieden und Übereinstimmungen (vgl. Krejci 2010). Eine zentrale Kompetenz in der Führung von und der Mitwirkung in Teams liegt daher darin, sowohl mit Gemeinsamkeiten als auch mit Widersprüchen innerhalb von Teams leben bzw. sie flexibel balancieren zu können, ohne sie auflösen zu müssen. Teams sind durchaus in der Lage, in dialektischen Spannungen zu arbeiten und zu leben, vorausgesetzt, man traut es ihnen zu und ermöglicht entsprechende Befähigung und → Macht (vgl. auch → Partizipation).
Die Grundeigenschaften von Teams erfahren in Hochleistungsteams infolge des hohen Verpflichtungsgrades und Engagements ihrer Mitglieder eine deutliche Erweiterung, was in ambitionierteren Leistungszielen und wirkungsvolleren Arbeitsmethoden zum Ausdruck kommt. Ihr Entwicklungsweg kann durch fünf qualitative Stufen, ausgehend von Arbeitsgruppen über Pseudoteams, potenzielle Teams und Teams hin zu Spitzenteams, beschrieben werden (vgl. Katzenbach u. Smith 2003).
Angesichts steigender Marktdynamik, schwindender Übersichtlichkeit und zunehmender Komplexität der betrieblichen Aufgaben und Erfordernisse kann Teamarbeit (nach wie vor) als einer der effizientesten Ansätze dafür gelten, vielschichtige Herausforderungen von Organisationen erfolgreich zu bearbeiten. In der Konsequenz setzen Organisationen immer häufiger auf »agile Teams« aber auch auf dezentrale, teambasierte Organisationsstrukturen zur Steigerung der eigenen Effizienz, Agilität und letztlich Wettbewerbsfähigkeit.
Verwendete Literatur
Ellebracht, Heiner, Gerhard Lenz, Lars Geiseler und Gisela Osterhold (2002): Systemische Organisations- und Unternehmensberatung. Praxishandbuch für Berater und Führungskräfte. Wiesbaden (Springer VS), 5. Aufl. 2018.
Forster, Jens (1982): Teamarbeit. Sachliche, personelle und strukturelle Aspekte einer Kooperationsform. In: Wolfgang Grunwald u. Hans-Georg Lilge (Hrsg.): Kooperation und Konkurrenz in Organisationen. Bern/Stuttgart (Haupt).
Katzenbach, Jon R. u. Douglas K. Smith (2003): Teams. Der Schlüssel zur Hochleistungsorganisation. Frankfurt a. M. (Redline Wirtschaft).
Krejci, Gerhard P. (2010): Teams als Entwicklungsmotor der Unternehmenskultur. Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Zusammenarbeit 3 (10): 4–21.
Pohl, Michael u. Jürgen Witt (2000): Innovative Teamarbeit zwischen Konflikt und Kooperation. Hamburg (Windmühle), 2. Aufl. 2010.
Rosenstiel, Lutz von u. Gerhard Comelli (2003): Führung zwischen Stabilität und Wandel. München (Vahlen).
Weiterführende Literatur
Francis, Dave u. Don Young (1996): Mehr Erfolg im Team. Ein Trainingsprogramm mit 46 Übungen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit in Arbeitsgruppen. Hamburg (Windmühle), 2. Aufl. 2006.
Herwig-Lempp, Johannes (1994): Ressourcenorientierte Teamarbeit. Systemische Praxis der kollegialen Beratung. Ein Lern- u. Übungsbuch. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht).
Högl, Martin u. Hans Georg Gemünden (2005): Management von Teams. Theoretische Konzepte und empirische Befunde. Wiesbaden (Springer VS).
Seeger, Tom (2020): Das agile Team steuert sich selbst. Kompetenzen und Fähigkeiten zur Eigenentwicklung selbstorganisierter Teams (Springer).
Ueberschaer, Norbert (2000): Mit Teamarbeit zum Erfolg. So gestalten Sie effizient die Zusammenarbeit im Unternehmen. München (Hanser).