Bundestagswahl 2017

Es ist doch eigentlich ein gutes Ergebnis, wenn man nüchtern auf das Wahlergebnis schaut:


1. Die große Koalition ist beendet. Das ist demokratietheoretisch ein großer Gewinn, denn solche großen Koalitionen können eigentlich nur in absoluten Krisenzeiten als nützlich betrachtet werden. Politik ist das Aushandeln von Konflikten - von Sachkonflikten - und idealerweise findet diese Konfliktbearbeitung und Lösungssuche im Parlament statt: zwischen Regierung und Opposition - in einer zivilisierten Weise. Wenn das nicht der Fall ist, weil der Regierung keine Ernst zu nehmende Opposition entgegen tritt, dann bildet sich eine außerparlamentarische Opposition. Das Wahl-"Duell" im Deutschen Fernsehen hat wohl den letzten Zweifler davon überzeugen können, dass die große Koalition nicht mehr tragbar ist.


2. Die SPD hat in der Opposition die Chance, sich zu regenerieren und sich einen Politikentwurf zu eigen zu machen, der den aktuellen Fragen der (Welt-)Gesellschaft gerecht wird.


3. Die FDP, die im Laufe der BRD-Geschichte einige interessante liberale Politikerpersönlichkeiten hervor gebracht hat, ist wieder im Bundestag. Es ist zu hoffen, dass wieder solche Personen ihre Stimme zu Gehör bringen können. Als Anwälte des Rechtsstaats, war die FDP immer zuverlässig.


4. Die Grünen haben ihren Anteil an Wählerstimmen erhöhen können.


5. Die CSU, die versucht hat, die Positionen der AfD zu übernehmen (wie die CDU auch und tendeziell bzw. faktisch auch die SPD) - vor allem in Bezug auf die Flüchtlingsfrage - ist am meisten von allen Parteien abgestraft worden. Herr Seehofer und seine Freunde haben mehr als 10% verloren. Großartig. Es ist kein Rezept, die AfD aus dem Spiel zu nehmen, ihre Positionen zu übernehmen. Da kann man ja gleich diese Partei wählen.


6. Dass die AfD nun im Parlament sitzt, ist ja eher ein Schritt zu ihrer Entmythologisierung. Jeder wird in Zukunft nicht nur in Talkshows sehen, dass diese Leute keine inhaltlichen Alternativen anzubieten hat, d.h. der Name ist nichts als Fake. Es ist eben Teil der demokratischen Spielregeln, dass man auch akzeptieren muss, wenn Idioten ins Parlament gewält werden (was natürlich für Idioten in allen Fraktionen gilt). Wenn man den Befragungen der Wähler nach ihren Wahlmotiven glauben darf, dann haben 60% der AfD-Wähler diese Partei gewählt, weil sie von den anderen Parteien enttäuscht sind. Sie sind sich also darüber einig, was ihnen nicht (!) gefällt, aber sobald es darum gehen wird, sich auf konkret (positiv, nicht negativ) zu definierende Ziele zu einigen, wird dieser Haufen auseinanderfallen.


Also: Eigentlich alles in allem eher positive Perspektiven, aus meiner sehr persönlichen Sicht. Gelassenheit ist angebracht.