Carl Auers Sexismus?

Der Carl-Auer Verlag, stets aufgeschlosssen für Rückmeldungen und Pflege des kultivierten Dissens, leitete mir eine Mail einer Leserin weiter. Anlass ist das Titelfoto des Buches „Der erotische Raum“ von Angelika Eck.


Die Leserin sieht darin eine ärgerliche Objektivierung von Frauen als Sexobjekte. Sie liest darin eine Botschaft, die den Inhalt das ansonsten von ihr geschätzten Buchinhaltes abtöte. Sie kritisiert nicht das Foto, sondern die Passung für dieses Buch. Ein diskussionswerter Einwurf.


Ich bin nun doppelt parteiisch, weil ich erstens einen Beitrag zu dem Buch verfasst habe, und zweitens nur meinen männlichen Blick zur Verfügung habe. Allerdings finde ich diesen Blick nicht weniger legitim als den weiblichen.


Mit diesen Koordinaten im Hintergrund überlege ich folgendes:



  1. Stimmt, man kann das Foto als Darstellung eines Frauenkörpers als Objekt sehen. Was wäre daran kritisch? Weibliche Körper sind (auch!) Objekte des Begehrens. Das kann durchaus eine relevante Facette des erotischen Raumes sein.

  2. Der weibliche Körper kann auch Subjekt der Verführung sein. Diese Verführung muss sich nicht eindeutig proaktiv zeigen, sondern kann sich in einer indirekten oder mehrdeutig einladenden Variante ausdrücken.

  3. Frauen wollen und können so etwas wie Verführungs-Verantwortung übernehmen und dann ihren Körper bewusst und verantwortlich einsetzen.

  4. Das „Objekt“-Argument spielt dem (männlichen) Blick die Täterschaft zu und dem weiblichen Körper die (unschuldige) Opfer-Position. Das kann so sein und ist auch oft so gemeint. Im konkreten Fall dieses Fotos scheint mir das nicht so eindeutig.

  5. Ich sehe die Grenze zwischen missbräuchlich abwertender Objektifizierung des weiblichen Körpers und selbstbewusst eingesetzter Verführungsabsicht als eines der heikelsten Themen im Geschlechterverhältnis. Es bleibt eben oft uneindeutig, ob es sich um beklemmenden Ernst (der Körper als fremdem Begehren ungewollt ausgesetzt) oder heiteres Spiel (der Körper als für das eigene Begehren absichtsvoll eingesetzt) handelt.


Um es auf den metaphorischen Buchtitel zu beziehen, scheint diese Frage klar zu beantworten: Wer hat den Schlüssel zum erotischen Raum? Aber die andere: Was nützt der Schlüssel, wenn keiner rein will?