Value Functions
Was Sie schon immer über fehlende Wohlgeformtheit in Kapitel 11 der Laws of Form und über uFORM iFORM wissen wollten, aber sich nie getraut haben zu fragen
Ein bisschen einleitende Erklärung zu einem Verständniskonflikt für Einsteiger – oder:
Welche Fehler Sie nicht mehr machen müssen, nachdem Sie nun endlich gefragt haben ...
Beginnen wir damit, was in Logik und Mathematik unter „Wohlgeformtheit“ verstanden wird.
Im Wikipedia-Artikel „Formale Systeme“ heißt es (Hervorhebung neu):
... sind die „wohlgebildeten“ oder „wohlgeformten Formeln“ (englisch „well-formed formulas“ wff), also diejenigen unter den Symbolketten, die einen „Sinn“ ergeben. „Sinn ergeben“ bedeutet ... hier nichts anderes, als dass diese Zeichenreihen der Grammatik des formalen Systems entsprechen und deshalb für die weitere Untersuchung zugelassen werden sollen.
Für diejenigen, welche sich schwer damit tun, solche Satzkonstruktionen zu begreifen:
Gemeint ist damit, dass wir eine Syntax zu dem zu untersuchenden Problem vorfinden müssen, die uns in der Sprache des formalen Systems in Einzelschritten abarbeitbar vorschreibt, wie wir das Problem lösen können.
Das lässt sich (stark vereinfacht natürlich) mit einem deutschen Satz wie diesem hier veranschaulichen: „Hannelore, bring mir mal die Tageszeitung von heute vom Küchentisch und lege sie mir hierher auf den Couchtisch!“
Fehlen in dem Satz wichtige Einzelschritte wie „Tageszeitung“, „von heute“, „vom Küchentisch“, wohin sie gelegt werden soll und für wen, entstehen Unklarheiten.
Sätze wie „Ich verdukaschiere Sie mit meines Autokling“ sind ein anderes Beispiel für „Unklare Formen“ auf semantischer und nicht auf grammatischer Ebene, welche in uFORM iFORM repariert und darüber im Kalkül mit berechenbar werden.
Zu Kapitel 11 der Laws of Form von George Spencer-Brown schreibt Ralf Peyn in seiner Einleitung zu uFORM iFORM, 2017, Heidelberg (Hervorhebung neu):
LoF wird in Kapitel 11 nach Einführung des unendlichen Re-entry und imaginärer logischer Formen (in meiner Ausgabe: G. Spencer Brown, Laws of Form, New York: 1977, ab Seite 59 bis zum Ende des Kapitels) zunehmend vage und geradezu erratisch. Er fängt an, wilde Linienverbindungen aufzuzeichnen, die das grundlegende Problem haben, sich von der Algebra des Kalküls zu entfernen. Simpel ausgedrückt: Sie können nicht operational gemacht werden. Das liegt unter anderem daran, dass er die Grundsätze, die er zu Anfang gesetzt hat, nicht mehr achtet.
Was ist plötzlich aus „Distinction is perfect continence.“ (S.1) und „Let the intent of this relation be restricted so that a cross is said to contain what is on its inside and not to contain what is not on its inside.“ (S.7) geworden?
Damit zerbricht er die Formen, die er erzeugt, und landet nicht im Bereich des Imaginären, sondern im Bereich des Fantastischen.
Unendliche Re-entries und imaginäre logische Formen sind in der Wertebildung befindliche Formen. “Steche“ ich in sie hinein, zerstöre ich sie … Eigenwerte bilden sich, Systeme konstituieren sich, versuche ich, in sie hineinzugreifen, greife ich daneben, demontiere ich ihre Entstehungsbedingungen, verrauschen sie.
Unendliche Re-entries und imaginäre logische Formen können nicht arithmetisch bestimmt, aber dennoch algebraisch relationiert werden, damit das funktioniert, müssen sie in sich konsistent und nach außen geschlossen bleiben.
Halten wir uns nicht daran, verlieren unsere Aussagen an Sinn und Bedeutung.
E4 auf S.66 sieht (vor allem wegen der auf S.65 für Aussagen der Form E1 eingeführten Symbolisierung) bekannt aus und wirkt intuitiv und kreativ verständlich, kann aber nicht eindeutig in Aussagen der Form E1 überführt werden. Deshalb können Formen wie E4 weder arithmetisch noch algebraisch operiert werden, sind also keine Formen des Kalküls. Und für die nachfolgenden Skizzen gilt das noch umso mehr. Man kann mit unendlichen Re-entries und imaginären logischen Formen komplexe und verschachtelte algebraische Strukturen bilden, jedoch muss man sich dabei an die FORM halten, damit diese Strukturen bestimmbar bleiben … als Bild wiederum können Strukturen wie E4 (eventuell) symbolisiert durch eine imaginäre logische Form in einem algebraischen Ausdruck prozessiert werden, nur müssen wir erinnern, dass das Bild Fantasie ist und keine im Kalkül bewertbare Aussage.
In Kapitel 12, Re-entry into the Form, wird LoF dann wieder konkret.
Seit Veröffentlichung des Buchs 2017 kam es immer wieder zu merkwürdigen Fehlinterpretationen der konstruktiven Kritik, mit welcher uFORM iFORM neue Horizonte öffnet und erschließt.
Und es kam und kommt zu viel zu simplen, auch andere Mathematiker zu Hilfe nehmenden Versuchen, bezeichnete Unklarheit als Wohlgeformtheit auszudeuten, obwohl die Zeichenreihe der Grammatik des Formalen Systems der Laws of Form das nicht hergibt. Ferner gehen bei zweiwertigen „Lösungen“ des Problems GSBs Intentionen zur Imaginären Form unter.
Für Einsteiger in dieses Thema: Wenn ich ein Loch in einem Strickpullover mit einer Häkelnadel stopfe, verlasse ich Stricken und gehe zu Häkeln über. Ich habe den Strickpullover nicht mit der „Syntax“ des Strickens repariert.
Wo Fremdarbeiten hinzugezogen werden müssen, um etwas in den Laws of Form durchzurechnen, beziehungsweise Sinn (siehe oben) hineinzubekommen, stellt sich die Frage: Wozu brauchen wir dann (an der Stelle) die Laws of Form?
Wir haben sogar Mathematiker (sic!) uns auffordern hören, die fehlende Wohlgeformtheit zu „beweisen“ - als ginge so etwas ... Man kann nichts beweisen, was nicht da ist. Man kann höchstens zeigen, wie Wohlgeformtheit aussieht, was man mit ihr anstellen kann und auffüllen – in diesem Fall kontingent. Auch Wohlgeformtheit lässt sich nicht beweisen, da sie Voraussetzung für die Arbeit, und damit Beweise, im jeweiligen Formalen System ist.
Ich kann keine Webmaschine einfach mal vor sich hinweben lassen, ohne ihr ein Programm, ein Muster zu geben. Und wenn in dem Programm Lücken sind, werden wir das hinterher am Teppich sehen ...
Die fehlende Syntax öffnet Raum für kreative Interpretationen, inklusive zweiwertiger Ausdeutungen – alle legitim, wenn sie gewisse mathematisch-logisch-deduktive Grundvoraussetzungen erfüllen. Keine von ihnen aber kommt mit Deutungshoheit, es sei denn, man macht aus dem Problem der Unklarheit und dem Problem von Re-entries mit unendlicher Re-entry-Tiefe etwas Neues.
Das ist jedoch etwas anderes, als Spencer-Browns Unklarheit kreativ auszudeuten, sondern es handelt sich dabei dann um eine:
Lösung auf der Metaebene des Problems!
Diese Lösung auf der Metaebene muss als eine solche behandelt und kann nicht im unendlichen Aktenordner der kontingenten Lösungen der Unklaren Form abgeheftet werden – daran ändert sich auch nichts, wenn man nur deshalb, weil man Spencer-Brown nicht mag, unbedingt eine wohlgeformte Syntax in Kapitel 11 an der entsprechenden Stelle lesen will, um seine einfache Antwort als einzig mögliche durchzudrücken.
Mathematik kommt mit Spielregeln. Wer sich daran nicht halten will, öffnet andere Kontexte. Diese können legitim sein, entziehen sich dann aber mathematischer Diskussion.
Kommen wir nun zu Re-entry-FORMen unendlicher Re-entry-Tiefe:
Für Einsteiger: Eine Re-entry-FORM unendlicher Re-entry-Tiefe kann man sich wie Gedanken zum Beispiel vorstellen, die sich weiter und weiter formen und von denen wir nicht wissen, ob sie jemals aufhören werden.
In uFORM iFORM schreibt Ralf Peyn auf Seite 39:
Formen f = ((f a) b)
unendlicher Re-entry-Tiefe können nicht arithmetisch bestimmt, jedoch algebraisch analysiert werden...
... Vielleicht vermuten wir, dass sich die Form am “Ende” doch auflösen muss, jedoch wir werden es nie wissen: Die FORM ist unbestimmt.
Eine besondere FORM dieser Art, die „eigenFORM“, wurde in der Arbeit „Clearing up eigenFORM“ von Ralf Peyn behandelt. In dem Paper, das im Downloadbereich der Website https://uformiform.info kostenlos abgerufen werden kann, steht, wie man mit Eigenformen umgehen kann. In uFORM iFORM wurde im Ansatz erklärt, und in eigenFORM konkret gezeigt, wie man sie auflösen könnte.
Zu Unklaren FORMen:
In uFORM iFORM wird unter anderem vorgeführt und demonstriert, wie man mit der unvollständigen Syntax, der Unklaren FORM des oben bezeichneten Textes in Kapitel 11 der Laws of Form von George Spencer-Brown umgehen muss:
Man muss sie interpretieren, um sie dann in konkrete algorithmisierbare FORMen zu überführen.
Die Interpretationen unterschiedlicher Interpreter sind kontingent.
Da hilft das Konzept, welches in uFORM iFORM unter dem Begriff „Kontingente Algebraische Ergänzung“, kurz KAE, erläutert wurde.
Inhaltliches Bewertungsprocedere:
Jeder, der die in Frage stehenden Formen von GSB (George Spencer-Brown) benutzen und im Tarskischen1 Sinne in ein mathematisch-logisch-deduktives System überführen will, muss am Ende für jede Spencer-Brownsche Form eine eindeutige Value-Function2 zur Verfügung stellen, die für die betreffende Form eine eindeutig interpretierbare Wertetabelle erzeugt.
Wer sich dieser Mühe nicht unterzieht, erhält am Ende kein mathematisch deduktives System, sondern ein Sprachsystem, mit dem es nicht möglich ist, konsistente Aussagen zu produzieren. Das kann unsere normale Sprache auch, dafür brauchen wir nicht Spencer-Brown.
Sollte es nun gelingen, diese Value-Function für GSBs Formen zu konstruieren, wird dabei dennoch nur ein System zweiwertiger Logik herauskommen, angereichert durch rekursive Formen, die aus sich selbst heraus nie zum Stehen kommen, deren Rechenprozess, so ähnlich wie im Halteproblem von Turing beschrieben, entweder endet oder nicht.
Mit dem System, welches in uFORM iFORM beschrieben wird, wird besagte Value-Function geliefert und darüber hinaus eine Logik entwickelt, die über die Zweiwertigkeit hinausgeht und eine Unbestimmte logische FORM wie auch eine Imaginäre logische FORM einführt.
Das in uFORM iFORM beschriebene System kann jede denkbare, wie auch noch so verschachtelte Rekursion modellieren – auch die, welche theoretisch mit Spencer-Browns Ansatz möglich wären.
Die uFORM iFORM-Modelle sind vierwertig. Demzufolge ist das System, welches Spencer-Brown vorschlägt, wenn es nun einmal jemandem gelänge, es berechenbar zu machen, bestenfalls eine Teilmenge des in uFORM iFORM beschriebenen Systems.
Um es zu gleicher Kardinalität wie das uFORM iFORM-System zu bringen, müsste jemand hingehen, und nicht nur Spencer-Bowns Re-entries berechenbar machen, sondern auch noch einen Weg finden, die Mehr-Formen des uFORM-iFORM-Systems darin zu kodieren.
Doch das ist alles Wunschdenken – diese Arbeit hat für Spencer-Brown noch niemand geleistet und Spencer-Brown auch nicht.
uFORM iFORM hingegen ist fertig, und jeder, der gewillt ist, sich darin einzuarbeiten, kann es morgen benutzen.
2Engl. Wikipedia zu „Value Function“: https://en.wikipedia.org/wiki/Valuation_(logic)
Autoren:
Gitta Peyn, 1965, & Ralf Peyn, 1967 - Formwelt-Entwickler