Heinz von Förster

Gestern wäre Heinz von Förster 100 Jahre alt geworden. Ich komme immer mit den Daten durcheinander, sonst hätte ich hier gestern schon über ihn geschrieben, statt über den Rücktritt Berlusconis zu jubeln.


Über Heinz ist schon viel gesagt worden, und ich muss das hier nicht alles wiederholen. Aber die erneute Begegnung mit Humberto Maturana, einem Freund von Heinz, der ja auch nicht mehr so ganz jung ist, läßt mich doch noch einmal darüber sinnieren, ob es nicht Weltsichten gibt, die jünger erhalten - oder zumindest geistig vitaler - als andere.


Denn Heinz von Förster ist in Europa ja erst richtig bekannt und populär geworden, als er schon hoch in den 70ern war. Ich habe ihn 1986 zum ersten Mal nach Heidelberg eingeladen (zu einer Tagung mit Niklas Luhmann und Francisco Varela - "Lebende Systeme"), da ging er bereits auf die 75 zu. Seinen Erfolg verdankte er nicht seinen Schriften - die hatte er alle lange Jahre vorher verfasst -, sondern seiner jugendlichen Ausstrahlung, der Radikalität seines Denkens, der Konsistenz zwischen dem, was er sagte, und dem, was er als Person repräsentierte.


Offenbar sind Konstruktivisten wie Heinz und Humberto nicht so leicht verführbar, irgendwelchen Moden nachzujagen, sich von Konventionen beeindrucken zu lassen. Sie gehorchen ganz offensichtlich nicht äußeren Mächten und ordnen sich ihnen nicht ohne weiteres unter. Aber sie machen auch keine Revolutionen um ihrer selbst willen, sondern lassen sich von Inhalten und den impliziten Werten ihrer Theorien leiten.


Insofern erscheinen sie einfach viel jünger als die meisten anderen Menschen, obwohl ihr Eigensinn Ausdruck von Reife und Erwachsensein ist. So jung wie sie kann man eigentlich als junger Mensch kaum sein, denn es bedarf einer gefestigten Radikalität des Denkens (wie man sie wahrscheinlich nur im Laufe von Jahren entwickeln kann); vor allem aber: der Akzeptanz der individuellen Verantwortung für das, was man als Einzelner tut, die aus der Freiheit resultiert, die wir als Individuen haben (zumindest nach den von Maturana und v. Förster vertretenen Theorien).


Bewundernswert.