Richterstreik

Dass Richter streiken, ist ja eher ungewöhnlich. Normalerweise sind sie ja die Vertreter des gesellschaftlichen Status quo.


Streik ist in der Regel ein Versuch, um entweder eine Veränderung von bestehenden Verhältnissen herbeizuführen oder aber sie zu verhindern bzw. rückgängig zu machen.


Im Falle der ägyptischen Richter geht es darum, dass sie sich nicht vom neuen Präsidenten Mursi entmachten lassen wollen, da er ein Dekret erlassen hat, dass ihn bis zur Neuwahl des Parlaments davor schützt, von irgendwelchen Greichten in seiner Macht begrenzt oder in Frage gestellt zu werden.


Das klingt nicht sonderlich sympathisch und ist es sicher auch nicht. Denn die Gewaltenteilung scheint ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Demokratie. Allerdings ist zu bedenken, dass die jetzt streikenden Richter wahrscheinlich auch keine Chorknaben sind (schon gar keine demokratischen), welche die Fahne einer unabhängigen Justiz hoch halten. Denn sie sind meist noch zu Zeiten Mubaraks ins Amt gekommen - d.h. die Vertreter des alten Regimes.


Aber man kann ja nicht ausschließen, dass sie alle ihre Einstellung zum Recht und zur Rechtsprechung seit der Revolution radikal geändert haben (wie es damals ja - wie jeder weiss - auch die alten Nazi-Richter in der neu gegründeten Bundesrepublik getan haben...).


Trotzdem: Dass es sich um die Richter des Mubarak-Regimes handelt, könnte durchaus ein nachvollziehbarer Grund sein, sie zu entmachten (wenn das zugunsten von Scharia-Richtern geschieht, sieht die Situation wieder anders aus).