Warum Nationalismus idiotisch ist...

Dass man seine eigenen Interessen im Blick haben sollte bei seinen Entscheidungen, bedarf wahrscheinlich keiner besonderen Argumentation. Das Gefühl, dass die nationalen (oder ethnischen) Interessen von der aktuellen Politikergeneration nicht genug berücksichtigt werden, wird von rechtspopulistischen Akteuren zur Zeit in den meisten westlichen Ländern gefördert. Die nationalistischen Töne und Heilsverkündigungen Donald Trumps gestern sind dafür ein grandioses Beispiel.


Allerdings sieht das mit dem Nationalismus aus meiner (und ich behaupte: einer systemtheoretischen) Perspektive etwas anders aus.


Frieden gibt es auf Dauer nur, wenn die an einer Beziehung (sei es zwischen Individuen, sei es zwischen Nationen) beteiligten Parteien der aktuellen Beziehungsdefinition zustimmen können. Das bedeutet nicht unbedingt Symmetrie der Beziehung, sondern kann auch Asymmetrie oder Komplementarität, ja, Abhängigkeit, Oben-unten-Beziehungen etc. umfassen. Wenn eine der beiden (oder mehrere) Parteien nicht einverstanden ist/sind mit der Art der Beziehung, dann kommt es zum Konflikt. Das ist meist dann der Fall, wenn sie (die Partei) der Meinung ist, dass die eigenen Interessen zu kurz kommen in der Beziehung. Der Status quo kan dann nur noch durch Gewalt aufrechterhalten werden, d.h. Krieg oder Bürgerkrieg etc., auf jeden Fall Kontrollversuche, die sehr teuer sind und auf Dauer gestellt werden müssen. Denn auch eine gewonnene Schlacht sorgt ja nicht dafür, dass die unzufriedene Partei nun zufrieden ist. Die Kontrolle der Widerstandsbemühungen muss daher routinisiert werden, was viel, viel Geld kostet, die Entwicklungsmöglichkeiten begrenzt, und erfahrungsgemäß früher oder später zum Zusammenbruch des Kontrollsystems führt.


Es ist also - schon aus langfristigen ökonomischen Gründen - nur einfach intelligent (und hat nicht sehr viel mit Moral zu tun) bei seinen eigenen Entscheidungen die Interessen seiner Beziehungspartner mit im Blick zu behalten und dafür zu sorgen, dass die nicht zu kurz kommen.


Das ist nicht das, was Donald Trump verspricht. Deswegen halte ich ihn für einen Idioten - aus der Perspektive eines an einem friedlichen Zusammenleben von Menschen/Nationen interessierten Zeitgenossen. Dass Konflikte aus der Sicht des Geschäftsmannes oder des Politikers, der wieder gewählt werden will (beides Kriegsgewinnler) durchaus intelligent sein können, sei nicht bestritten.


Nebenbei bemerkt (zum wiederholten Mal): Auch Thatcher und Reagan waren solche Idioten (und alle, die ihnen folgten auch), weil sie durch die Deregulierung der Märkte, speziell der Finanzmärkte, die Bedingungen dafür geschaffen haben, dass sich die Unterschiede zwischen armen und reichen Bürgern im Westen so vergrößert haben (=Schaffung einer für Populismus empfänglichen Masse vermeintich oder tatsächlich Benachteiligter).


Idioten nannte man im übrigen im alten Griechenland die Leute, die nicht gemeinschaftsfähig oder -willig waren und irgendwo allein und selbstbezogen außerhalb der Polis/des Staates vor sich hin lebten.