Das Duell nach dem Duell

Merkel die Wahlsiegerin zeigte endlich mal wieder den ihr inne wohnenden lustigen und listigen Schalck. Anfangs ernst, ruhig und mit äußerst wachem Blick die anderen in der Runde beobachtend, vermied sie es, all die durch die Moderatoren gestellten rhetorischen Fallen auf die ihr typische Art und Weise zu umschiffen. Sie wolle doch keine Brücken zerschlagen. Sie sei doch für ihre Höflichkeit bekannt. Und im Übrigen bräuchten die Moderatoren keine Sorge zu haben. Sie, Angela Merkel, würde schon Lösungen finden. Sie würde sich schon um eine stabile Mehrheit kümmern und die Menschen in Deutschland nicht enttäuschen.


Steinbrück blieb sich treu. Ohne, wie so oft im Wahlkampf, sich mit rhetorisch zu heftigen Attacken zu distanzieren, betonte er verlässlich bleiben zu wollen. Er würde an Deck bleiben. Was auch immer das für die zukünftige Orientierung der SPD und die anstehenden möglichen Koalitionsverhandlungen heißen mag. Seine gelegentlichen Sticheleien garnierte er mit einem breiten Grinsen oder einer finsteren Stirnfalte. Um dann die Klugheit der SPD, die er als lernfähig bezeichnete, zu unterstreichen. Angesprochen auf die vor einigen Wochen vorgebrachte Kritik Merkels am Europakurs der SPD, gab er sich keine Blöße. Um dann aber nahtlos mit allem rhetorischen Nachdruck, und doch recht unspektakulär, zu betonen, dass der Ball jetzt im Spielfeld von Frau Merkel läge.


Bei einem solch knappen Ergebnis musste man am Sonntag in der sogenannten Elefantenrunde sehr vorsichtig sein, um sich politisch nicht die Zunge zu verbrennen. Es schien, als würde alles oder gar nichts gehen. Schafft die Union die absolute Mehrheit? Wird es Rot-Rot-Grün geben? Oder doch eine große Koalition?


Merkel und Steinbrück waren die eigentlichen Protagonisten des gestrigen Abends. Beide haben sich hervorragend geschlagen im Duell nach dem Duell. Beide können nicht alleine. Beide können nicht miteinander.


Frau Hasselfeldt von der CSU genoss sichtlich den Triumph ihrer Partei, wobei der Eindruck entstand, ihr wie automatisch angestellt wirkendes Lachen eher einem maskenhaften Lachen glich. Kam sie beim Thema Maut Merkel gegenüber doch gleich ins Schlingern. Hasselfeldt ist nun wirklich Meilen entfernt von der  triumphalen Seehoferschen Selbstbehauptung.


 


Der Grüne Spitzenkandidat Trittin befand sich in einer tatsächlich sichtlich unkomfortablen, misslichen Lage. Mal versuchte er durch ein demonstrativ wirkendes Lachen locker und der Situation gewachsen zu bleiben. Mal schien seine deutlich zusammengezogene Stirnfalte mit den sie umrankenden Augenbrauen einen wohlwollenden Denker zu mimen. Mal war Trittin bemüht souverän zu wirken und doch sprach seine eher abgehackt wirkende Betonung der einzelnen Worte eine andere Sprache.


Riexinger von Die Linke wäre, so könnte man vermuten, doch lieber zu Hause geblieben. Eindeutig sichtbar war ihm unwohl in seiner Haut. Der extreme Stress, der in einer solchen Gesprächsrunde in einem solchen Moment herrscht, schien ihn vollends gepackt und überwältigt zu haben. Ernst, oftmals ohne den Blick zu heben, genervt wirkend und seinen Oberkörper heftig hin und herschiebend wollte er sich an dem Gespräch beteiligen, wurde aber nicht entsprechend gehört. Schließlich mit einem klaren, wenn auch verhaltenen, Vorwurf an die Moderatoren gewandt,  man würde ihn hier und heute außen vor lassen, machte er einen Schritt nach vorne in die Gesprächsrunde, um sich dann mit einem bitter wirkenden Lächeln wieder zurückzunehmen.


Wie wird die Kanzlerin eine stabile Mehrheit im Bundestag schaffen? Wie wird sie ihr kommunikatives Talent, das sie sonst eher im Verborgenen zur vollen und erfolgreichen Entfaltung bringen kann, hier und jetzt in aller Öffentlichkeit unter Beweis stellen? Mit wem?


Auch wenn der Ball jetzt in ihrem Spielfeld liegt, ist noch unklar, was für ein politisches Ballspiel gespielt werden wird. Denn Ballspiel ist nicht gleich Ballspiel.


„Sie kennen mich“, bringt Merkel es auf den Punkt und beendet jegliche weitere Spekulation. Kann Deutschland jetzt, nach der Wahl, und mit diesen Worten im Ohr, tatsächlich ruhig schlafen? Wir werden sehen.