Nie sonst ist so viel Familie wie an Weihnachten

Die aktuelle Ausgabe des SPIEGEL Magazins thematisiert auf der Titelseite Familien und Ihre Geheimnisse. Wie unsere Vorfahren unser Leben prägen.


Gut platziert!


Die Feiertage stehen vor der Tür. Die Familie kommt zusammen. Die Neuigkeiten von allen sind nach ein oder zwei Stunden erzählt, belacht, bestaunt und beurteilt worden. Es verbleibt noch Zeit bis zum Abschied am zweiten Weihnachtstag. Bei Tee und Plätzchen – oder bei Bier, Wein und Braten – wird schließlich von früher geplaudert, das Familienalbum herausgeholt, nach Geschichten von früher gefragt, und Eltern, Onkel und Tanten erzählen bereitwillig von den Großeltern und den nahen und fernen Verwandten, seltener auch mal von sich selbst. Interessant ist es für die Jüngeren, von Begebenheiten, Erlebnissen vor der eigenen Geburt zu erfahren. Und man bekommt direkt von sich selbst erzählt, was man so gemacht habe als Kind, und wann, und noch dazu warum, und wer man eigentlich sei. Doch das, was erzählt wird und was verschwiegen wird, wird von Familie zu Familie unterschiedlich gehandhabt – und das nicht nur, weil die Familiengeschichten unterschiedlich sind. In vielen Familien gibt es wahre Meister der Diskretion, des Kehrens unter den Familienteppich oder der Geschichts-Glättung. Da wird unter dem Weihnachtsbaum kaschiert, verschleiert, weggelassen und geschönt, was die andächtige Stimmung hergibt. Das geht manchmal gut, es kann aber auch gehörig schief gehen oder zu beredtem Schweigen führen. Wenn die weihnachtliche Chance zur ehrlichen Aufklärung und Ausrichtung verpasst und alles mit ausschließlich frohen Botschaften angefüllt ist, findet man an manchen Weihnachtsbäumen doch noch etwas hängen, das weiterbringen könnte. Bücher sind nachhaltig im Erzählen, und wer hätte nicht schon diesen Effekt erlebt:


Was Gutes gelesen, / gewusst, was gewesen / und wieder genesen.