Ägypten

Nein, ich habe keine Sympathien für die Muslimbrüder. Aber ich habe auch keine Sympathien für das Militär, das eine gewählte Regierung wegputscht (darüber kann man ja noch diskutieren) und dann friedliche Demonstranten nierderknüppeln und -schießen läßt (wie in den letzten Tage geschehen).


Der Übergang von einer Diktatur zur Demokraie ist ja offenbar nicht einfach zu beschließen. Und in Europa brauchen wir uns in der Hinsicht nicht aufs hohe Roß zu setzen: Es hat Jahrhunderte gedauert und unendlich viel Blut ist geflossen...


Langfristig wird Ägypten wohl nur zur Ruhe kommen, wenn das Militär möglichst schnell wieder die Macht abgibt und sich selbst zum Hüter demokratischer Strukturen macht. Dann kann es Leute Mursi und die Muslimbrüder, die offenbar ja eine etwas verfehlte Vorstellung ihres durch die Präsidentenwahl erhaltenen Mandats hatten, in Schach halten. Es wird sich selbst aber auch höheren Autoritäten wie etwa obersten Gerichtshöfen unterwerfen müssen, um auf Dauer in seiner Funktion akzeptiert zu werden (es ist ja auch schon mal davon gejagt worden).


Macht ist zur Organisation größerer Gemeinwesen unverzichtbar. Aber sie ist auf Dauer nur funktionell, wenn sie paradoxiert wird, d.h. wenn "strange loops" konstruiert werden, bei denen derjenige, der sich der Macht unterwirft (das Wahlvolk) den Machthabern übergeordnet ist (durch die Möglichkeit, sie abzuwählen oder anderweitig davon zu jagen).


Gewaltenteilung ist hier das Stichwort.


Das Problem mit dem Militär an der Macht ist, dass man es so schlecht wegjagen kann, wenn es Freude an den Privilegien der Macht gewinnt...