Neue Tapeten fürs Land

Alle vier Jahre wieder werden unsere Straßen und Städte neu tapeziert. Warum könnte man sich fragen. Warum so viele? Warum alle nebeneinander, übereinander und hintereinander?


Nun, die Werbung sagt, dass der Blick des Betrachters in der Regel 1,7 Sekunden auf dem Bild verweilt. Verweilt? Nein besser drüberhuscht. Was kann man da schon sehen? Geschweige denn lesen? Und noch vergleichen? Was von dem Gesehenen überhaupt behalten?


Die Werbung meint ferner, dass besagte Plakate drei Aufgaben erfüllen müssen (die Reihenfolge entspricht der Bedeutung):



  • wachrütteln (ganz fix, denn 1,7 Sek. sind schnell rum)

  • markieren (die Marke transportieren)

  • informieren (irgendwas Wichtiges schreiben)


Und das alles in 1,7 Sekunden.


Es geht um Wahlplakate. Um die vergrößerten Passfotos, die in den allermeisten Fällen immer gleich aussehen. Herren in Anzug und Krawatte, gekünstelt lächelnd. Die Damen mit gut sitzender Frisur. Natürlich gibt es die berühmten Ausnahmen. Wer sieht sich schon gerne Passfotos an? Und dann so oft! Man kann gar nicht nicht hingucken. Also Langeweile und leichter Ärger wegen des Umstands diesen Damen und Herren nicht entgehen zu können. Der von mir wahrgenommene Markenwert besagter Personen sinkt rapide.


Dann gibt es die kleinen bis mittelgroßen Plakate, oftmals mit ganzen Parteiprogrammen voll geschrieben. Geht gar nicht. Schafft man, trotz besten Willens, nun wirklich nicht in 1,7 Sekunden zu lesen. Und dann soll man sich noch Gedanken darüber machen. Oh weh! Hier tummeln sich Die Linke, Piraten und die MLDP. Ich glaube nicht, dass dies nur eine Frage des Budgets war. Also bei der Vorbeifahrt kein Lesewille, allmählicher Aufbau von Widerwille gegen diese Art der Plakatierung. Der Inhalt besagter Botschaften erschlägt und ärgert mich mehr, als dass er mich motiviert, am Wahltag mein Kreuz bei einer dieser Parteien zu machen.


Schließlich die ersten großen Wahlplakate: Erleichterung? Könnte man meinen, ist aber nicht. Die Einen wollen es gemeinsam (CDU). WIR machen und schaffen es, meinen die Anderen (SPD). Was aber ist der Unterschied zwischen Gemeinsam und WIR? Trotz meines guten Willens die Flut von 1,7-Sekunden-Botschaften wie ein mündiger Bürger zu bewältigen, schaffe ich es nicht, einen wesentlichen Unterschied zu finden. Wach gerüttelt bin ich nun nicht gerade. Zwar ist meine Vermutung bestätigt, dass die beiden großen Parteien ein größeres Wahlkampfbudget haben als die Kleinen. Können sie sich doch schon von Anfang an große d.h. teure Plakate leisten. Aber muss Einen das unbedingt aufwecken.


Es ist doch noch so lange Zeit bis zum 22.9.2013.