Berliner Gelassenheit angesichts des Terrors

Es ist ja noch nicht mal 100 Stunden her, dass am Breitscheidplatz in Berlin 12 Menschen brutal umgebracht und ca. 50 Personen verletzt wurden, doch in Berlin ist von Terror (=Schrecken) wenig zu spüren.


Die Menschen gehen weiter auf Weihnachtsmärkte, trinken ihren Glühwein und essen Grünkohl mit Knacker. (Wer ist eigentlich auf die seltsame Idee gekommen, dies zu einem christlichen Symbol zu stilisieren?) Die Läden sind voll, die Hotels ausgebucht, keine Stornierungen... Alles geht seinen gewohnten Gang. Eine Lehrerin erzählte mir gestern, dass sie mit ihrer Schulklasse über den Anschlag sprechen wollte, die Schüler winkten gelangweilt ab: "Es waren ja nur 12 Tote, da kommen jedes Jahr viel mehr Radfahrer durch LkW-Attacken um, vor kurze Zeit fuhr einer in eine Menschengruppe - Unfall - 3 Tote."


Man mag diese Gelassenheit und dieses Schulterzucken bewerten wie man mag, ich denke, dass dies ein Beleg dafür ist, dass terroristische Strategien zum Scheitern verurteilt sind, weil man sich entweder daran gewöhnt oder/und mit Gegenmaßnahmen reagiert. (Ich habe diese These bereits vor einem Jahr hier anlässlich der Pariser Attentate geposted: https://www.carl-auer.de/blogs/kehrwoche/warum-der-terror-vergeblich-ist/). Der Terror hat nur eine Chance des Erfolgs: Wenn auf ihn mit gesellschaftlichen Veränderungen reagiert wird, die den freiheitlichen Charakter unserer offenen Gesellschaft verändern. Das scheint mir das Anliegen der Rechten, von den extremen Pappnasen der AfD bis hin zu den etwas weniger radikalen Pappnasen der CSU.


Was mich ein wenig beruhigt, ist die angeekelte Reaktion der meisten Menschen, die ich kenne, auf die Instrumentalisierung der Toten für billige parteipolitische Propaganda, wie sie von Leuten wie Brezel, Moiten und Konsorten versucht wird. Aber, meine Bekannten stellen wahrscheinlich ja eine spezifische Selektion dar, da ich überwiegend Leute mit hinreichend gutem Geschmack und Scham- oder wenigstens Stilgefühl kenne.